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„Kammer verstaubt“

■ Angestelltengewerkschaft DAG will Demokratisierung der Kammern-Wahlen / Freiwillige Mitgliedschaft?

Die DAG, die vor einigen Jahren die Mehrheit in der Angestelltenkammer an die DGB-Gewerkschaften verloren hat, fordert nun eine radikale Reform der „verstaubten“ Kammerstrukturen. Das Recht, für die Vertreterversammlung („Vollversammlung“) der Kammern zu kandidieren, dürfe nicht auf die Tariforganisationen beschränkt werden, forderte die Sprecherin der DAG-Fraktion in der Kammer, die SPD-Politikerin Brigitte Dreyer. Durch diese Beschränkung würden 70 Prozent der BeitragszahlerInnen vom passiven Wahlrecht und damit von der demokratischen Selbstverwaltung ausgegrenzt, argumentiert Dreyer. Nur 30 Prozent der Angestellten sind in Gewerkschaften organisiert, auch wenn man es bedaure - das sei die Tatsache. Daß 70 Prozent der Pflichtmitglieder nicht kandidieren dürfen, „das fördert die Politik- und Gewerkschaftsverdrossenheit und konterkariert jede demokratische Beteiligungsform.“

Die landesgesetzlichen Regelungen, die den Gewerkschaften indirekt das Verfügungsmonopol über die Pflichtbeiträge aller ArbeitnehmerInnen sichert, ist von der Bremer SPD bisher nicht infragestellt worden. In der letzten Bürgerschaftsdebatte zum Thema hielten sich die Bremer SPD-PolitikerInnen vorsichtshalber zurück und schickten den Bremerhavener Abgeordneten Werner Hoyer vor, der vorsichtshalber nichts sagte. Das läßt den Rückschluß zu, daß hinter verschlossenen Türen in der SPD gestritten wird.

Die DAG fordert neben dem passiven Wahlrecht für alle Pflichtmitglieder auch Wiedereinführung der Briefwahl. Davon verspricht sich die DAG eine höhere Beteiligung in den Kleinbetrieben und damit mehr DGB-unabhängige Stimmen. Die Möglichkeiten der Aufsicht sollen verbessert und ein Finanzcontrolling eingeführt werden.

Wenn über diese „Grundregeln demokratischer Selbstkontrolle“ keine Gesprächsbereitschaft der DGB-Mehrheit in der Kammer-Spitze bestehe, dann will die DAG in die Offensive gehen und die Pflichtmitgliedschaft infrage stellen. „Die DAG hält dann eine freiwillige Mitgliedschaft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihren Kammern für diskutabel.“

Diese Drohung berührt den zentralen wunden Punkt: Wenn die Mitgliedschaft freiwillig wäre, dann dürften ArbeitnehmerInnen, die nicht in der Gewerkschaft sind, kaum dazu zu bewegen sein, für die Kammern Beiträge zu zahlen. Und die, die für die Gewerkschaft zahlen, könnten die Frage aufwerfen, wofür zusätzlich Kammerbeiträge abkassiert werden sollen. Das bedeutet: Die Drohung, die Pflichtmitgliedschaft infragezustellen, bedeutet eine Infragestellung der Kammern insgesamt. K.W.

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