"Wir brauchen den Klangbogen nicht"

■ Einziger Messeveranstalter gegen 14-Millionen-Projekt / Kampf um Bürgerweiden-Nutzung beginnt

Der Kampf um das zukünftige Nutzungskonzept für die Bürgerweide hat begonnen. Das Wirtschaftsressort hatte es sich so schön und edel gedacht: Tausende von Messebesuchern aus aller Welt strömen, ökologisch korrekt mit der Bahn angereist, aus dem Bahnhofsgebäude über eine 17 Meter breite „fußläufige Verbindung“ aus feinstem Granit über die Bürgerweide ins Kongreßzentrum, geleitet von einem „durch das akustische Klangobjekt Klangzaun ergänzten Lampenbogen“ – 14 Millionen Mark soll das gute Wandelgefühl der internationalen BesucherInnen den BremerInnen wert sein. Prüfstein für die Notwendigkeit des Klangbogens ist Bremens einzige Großveranstaltung, die das Wort „Messe“ für sich beanspruchen darf und von internationaler Bedeutung ist: Die „Fisch '94 international“. Deren BesucherInnen aus über 60 Ländern ist der 14-Millionen-Pfad allerdings völlig wurscht: „Sie können sicher sein, daß die –Fisch international– den Klangbogen so nicht braucht“, sagt Veranstalter Peter Koch-Bodes, Bremer Fischfachhändler und Geschäftsführer der „Messegesellschaft Hansa“. Die OrganisatorInnen rechnen am Wochenende vom 10. bis 13. Juni mit über 15.000 TeilnehmerInnen – die alle mit dem Flugzeug oder dem Auto anreisen werden. Und mit der Bahn? Fehlanzeige. Fazit: Der Flanierbedarf vom Bahnhof zum Kongreßzentrum geht gegen Null.

Stattdessen will Bremens größter Messeveranstalter nur eines: Parkplätze und noch mehr Parkplätze. Sogar der sonntägliche Flohmarkt auf der Bürgerweide soll den „Menschen, die im Fisch zu Hause sind“ (so beschreibt die zuständige Werbeagentur die Gäste), weichen: Alle 3.000 Parkplätze auf der Bürgerweide werden gebraucht, sagt die „Messegesellschaft Hansa“. Fände der Flohmarkt trotzdem statt, bräche der Verkehr völlig zusammen: Laut Brepark beansprucht der Flohmarkt zwischen 2.200 und 2.600 Parkplätzen am Sonntag vormittag. „Und das ist doch klar, wenn die Leute zu einer internationalen Veranstaltung nach Bremen kommen und finden das totale Chaos vor, wird die Messe nicht lange hier bleiben“, sagt Koch-Bodes. Die Konkurrenz für die europaweit größte Fischfachmesse sei groß, schon jetzt sitze beispielsweise Brüssel in den Startlöchern.

Ob der Flohmarkt nicht einmal am Parkplatz des Weserstadions stattfinden könnte, fragte die „Fisch international“ ganz harmlos an – der Veranstalter Breminale aber lehnte das ab: Die Infrastruktur sei ungenügend, der Platz nicht geeignet. Und wenn der Trödel gar nicht stattfinden soll, will die Breminale wenigstens eine Abfindung, über deren Höhe sie allerdings nicht reden will. Das wiederum sieht die „Fisch international“ nicht ein: „Wir bezahlen hier eine horrende Miete für das Kongreßzentrum und gehen davon aus, daß wir auch eine vernünftige Infrastruktur zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt Koch-Bodes.

Was wie eine Rangelei zwischen zwei privaten Veranstaltern aussieht, könnte allerdings zu einer Grundsatzdebatte über die Zukunft der Bürgerweide geraten: „Die Stadt probiert mittlerweile, Messe und Flohmarkt direkt gegeneinander auszuspielen“, findet Harald Siegel von der Breminale. Er vermutet einen ganz anderen Hintergrund hinter der Parkplatzdebatte: Aus dem Umkreis der Fischmessen-Agentur sei ihm gegenüber geäußert worden, „der Flohmarkt müsse wegen der Polen da weg – erst hinterher kam das Argument mit den Parkplätzen“, so Siegel.

Das Stadtamt hofft noch immer auf eine Einigung der beiden Privatveranstalter: „Nach rechtlichen Gesichtspunkten müßte der Breminale die Durchführung gesichert werden“, sagt Stadtamtleiter Wilkens. Und das heißt, die Stadt müßte den Ausfall für den Veranstalter bezahlen, da sie der Breminale-Vertragspartner ist. Will sie das Geld allerdings sparen, geht sie die Sache politisch an: Es gibt nämlich eine Vertragsklausel, nach der die Flohmarktnutzung unter besonderen Umständen widerrufen werden kann. Diese Klausel ist noch nicht näher ausformuliert, könnte aber lauten: Messe geht vor Flohmarkt. „Also muß darüber diskutiert werden, was soll auf der Bürgerweide mit welcher Priorität stattfinden“, so Wilkens. Zum ersten Mal steht nun eine solche Grundsatzentscheidung an. Den drei beteiligten Ressorts ist die Brisanz dieser Frage bewußt: Sie setzen sich heute z8sammen, um diese Frage zu klären. skai