Kanadisch, praktisch, gut

NHL-Späher der Winnipeg Jets erspähten WM-Debütant Jan Benda von Hedos München  ■ Aus Bozen Peter Unfried

So beschreibt der noch amtierende Bundestrainer Ludek Bukac gemeinhin seinen idealen Eishockeyspieler: groß, kräftig, seine Physis in jeder Sekunde auf dem Eis einbringend, aber auch mit genug Köpfchen, um sich an taktische Vorgaben halten zu können. Jan Benda ist nicht nur 1,92 Meter groß und wiegt 95 Kilogramm, er kommt auch sonst diesem Ideal eines Spielers kanadischer Machart ziemlich nahe.

Was kein Zufall ist: Bevor er vor drei Jahren nach Freiburg in die Bundesliga kam, hat sich Benda das Eishockey fünf Jahre in Kanada beibringen lassen. Der Vater, selbst Eishockeyspieler, unter anderem in Essen, hat zielstrebig Kontakte ausgenützt, mit fünfzehn ging der Junior rüber, mußte („weil ich zu jung war“) noch ein Jahr in Toronto spielen und durfte mit 16 in die vierjährige Eishockeylehre bei den Oshawa Generals gehen. Das ist einer jener Juniorenliga-Clubs, aus denen die National Hockey League (NHL) zu 80 Prozent neue Kräfte rekrutiert. „Das ist“, sagt Benda ohne romantische Verklärung, „wie eine Fabrik: Die jungen Leute kommen rein, werden produziert und in die NHL verkauft.“ Nicht alle, versteht sich, wer nicht gebraucht wird, kann sehen, wo er bleibt.

Er selbst hatte „einige Angebote für tryouts“, Probesommerlager, hat sich aber am Ende entschieden, es in der deutschen Bundesliga, zunächst in Freiburg, zu versuchen. Inzwischen hat er mit Hedos München seinen Meister gemacht, nun ist er in Bozen bestrebt gewesen, bei seiner ersten Weltmeisterschaft sein Spiel auf eine weitere Ebene zu heben.

Wie man das macht? Nicht durch Zuschauen, sagt Benda. „Man muß einfach aufs Eis gehen und rotzfrech sagen: Ich bin gut genug.“ Das hat er besonders gegen die Kanadier (2:3) mit großem Erfolg getan, fast kanadischer gespielt als jene und im direkten Vergleich mit NHL-Größen wie dem kanadischen Kapitän Luc Robitaille (Los Angeles Kings) gemerkt: „Hey, so super sind die nicht. Ich kann mir mit der Scheibe was erlauben.“

Daß es in anderen Spielen nicht so gut lief, er etwa gegen die Techniker aus Rußland gar nicht zurecht kam, hat ihn geärgert, aber nicht verunsichert. „Eishockey ist ein Mannschaftsspiel“, sagt Benda. Und er ist ein Mannschaftsspieler. Keiner, der für Außergewöhnliches zuständig ist, sondern der sich stets als Teil des Ganzen begreift: „Man muß kompakt sein, man muß zusammen arbeiten, man muß hart arbeiten.“ Sagt er nicht nur, so spielt er auch. Was zu einer starken Abhängigkeit führt: Ist die Mannschaft gut, „ist auch der einzelne besser“.

Nun war das in Bozen nicht allzu häufig der Fall: Nach dem montäglichen 1:3 gegen Italien hat man nicht einmal das Minimalziel Viertelfinale geschafft, falls die Österreicher Großbritannien (nach Redaktionsschluß) mit fünf Toren Differenz besiegt haben sollten.

Für Jan Benda ist diese WM dennoch nicht schlecht gelaufen. Denn das, was die NHL-Späher auf der Bozener Tribüne sehen wollen, das hat er vorgeführt: weniger extravagantes kreatives Gekringel als Durchsetzungsvermögen und Standfestigkeit.

Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Der Junge ist 22 und hat keine Eile, aber er ist helle, und er weiß, was er will. In erster Linie den Vertrag bei Hedos München erfüllen. Nur falls was mit deren Lizenz schiefgeht, hat er „zur Absicherung“ Gespräche mit anderen Bundesligisten laufen.

Und dann gibt es da noch Andy Murray, einst Trainer der Berliner Eisbären und kurzzeitig auch vom Schweizer Spitzenclub Lugano, nun angestellt beim NHL-Club Winnipeg Jets. Den hat man im Bozener Stadion mehrmals mit Jan Benda tuscheln sehen. Das Ergebnis hat Murray verraten: „Wir wollen ihn in einem Monat draften.“

Also Uwe Krupp (N.Y. Islanders) schon drüben, Stefan Ustdorf unterwegs (zu den Washington Capitals), folgt nun Benda? Der überlegt, ob er noch ein, zwei Jahre warten soll. Sagt andererseits: „Wenn ich sehe, was inzwischen aus meinen damaligen Mitspielern geworden ist...“ Selbst Eric Lindros war damals in Oshawa dabei, und sein alter Kumpel Jason Arnott (Edmonton Oilers), den er in Bozen wiedersah, hat gerade eine prächtige rookie-season hinter sich. Also sagt Jan Benda: „Wenn ich ein Angebot kriegen würde, ginge ich sofort.“ Ende Juni wird mit Hilfe neuer NHL-Draftliste in Hartford gefeilscht: Dann schau'n mer mal.