Heinrich und Käthe machen Wind

■ Obstbäume und ein kleiner privater Windpark - seit einem Jahr dreht sich was im Alten Land

Gabi Quast ist eine wahre „Bursfru“. Vier Kinder, ein Acht-Personen-Haushalt und 20 Hektar Land mit Obstbäumen füllen ihren Tag reichlich aus. „Mir macht die Arbeit Spaß“, sagt sie, die sich selbst als „mitarbeitende Ehefrau“ bezeichnet - mit einem Zusatzjob: Gabi Quast verkauft Strom. Zwischen ihren Obstbäumen im Alten Land hat Familie Quast seit jetzt einem Jahr drei 42 Meter hohe „Windmühlen“ stehen. Zwei davon gehören den Quasts, eine dem Ingenieur-Büro Natürliche Energie Technik (NET). Fast 600.000 Kilowatt erdrehten die Windräder bisher, die gesamte Menge fließt ins öffentliche Stromnetz.

Wie kommt eine Familie, die schon seit 1653 Landwirtschaft betreibt, zu einem „Windpark“? „Wir hatten eigentlich immer den Umweltgedanken im Kopf“, erklärt Heinrich Quast. Auslöser seien jedoch Windmessungen der Umweltbehörde auf seinem Land gewesen. „Da schnitten wir zunächst recht schlecht ab.“ Doch das Interesse an Windkraft war geweckt; von nun an besuchten die Quasts Umweltmessen und stellten im Laufe der Zeit fest, daß die Anlagen immer effektiver wurden, so daß sich eine solche Investition doch lohnte. Die Firma NET plante und koordinierte und ließ sich sogar eine eigene „Mühle“ bauen.

Zuerst war Gabi Quast noch skeptisch, denn die Kosten für die Windräder sind tatsächlich nicht ohne. 1,7 Millionen Mark sind insgesamt ausgegeben worden, bis das erste Watt Strom produziert werden konnte. Davon hat zwar die Stadt Hamburg dreißig Prozent übernommen, doch auch so schlagen die beiden Quastschen Mühlen „Heinrich“ und „Käthe“ ordentlich zu Buche. „Soviel Geld hatten wir natürlich nicht, wir mußten Kredite aufnehmen“, sagt Gabi Quast. „Wir bezahlen allein an Zinsen 25.000 Mark im Jahr“, rechnet sie vor. Im nächsten Jahr kommen noch 28.000 Mark Tilgung dazu.

Doch die „Mühlen“ machen sich bezahlt. „Nachdem ich die ersten Zahlen gesehen habe, war ich überzeugt“, sagt Frau Quast. 16,3 Pfennig plus 10 Pfennig Bonus für regenerative Energien überweisen die HEW pro Kilowattstunde. „Wenn der Wind weiter so gut bläst, dann hat sich die Anlage nach neun Jahren bereits amortisert“, freut sich Gabi Quast. „Bei einem Haus müßten wir 30 Jahre warten.“

Gabi Quast ist eben auch eine gute Rechnerin und gerade deswegen liegt ihr eine Empfehlung am Herzen: „Ich würde mir wünschen, daß mehr Menschen den Mut haben, solche Mühlen zu bauen.“ Wichtig sei jedoch, daß die Behörden solche Vorhaben unterstützen. Das Hamburger Naturschutzamt legte sich nämlich damals bei den Mühlen im Alten Land erstmal quer. Die Windräder würden das Landschaftsbild zerstören, argumentierte die Behörde. Für Gabi Quast unverständlich: „Wenn da mal ein paar Mühlen rausgucken, das schadet doch der Landschaft nicht, oder?“ Das Naturschutzamt sah das anders, Umweltsenator Fritz Vahrenholt mußte ein Machtwort sprechen. (Daß der begeisterte Knöpfchendrücker den kleinen Windpark mit viel Presserummel eigenfingrig einweihte, versteht sich von selbst.)

Eins allerdings können die Quasts nicht: Selbst Strom von ihren Windrädern beziehen. Der technische Aufwand wäre zu groß gewesen, da die Anlage mehrere hundert Meter vom Haus der Familie entfernt steht. „Wir bezahlen ganz normal 40 Pfennig pro Kilowattstunde an die HEW“, lacht Gabi Quast. Das Schönste sei jedoch, wenn sie eine Rechnung an die Elektrizitätswerke schicken darf. Andrew Ruch