Alter Dampfer wohl gerettet

■ Kieler Woche: Trotz weniger Geld wieder volles Programm beim Volksfest

Die Flaute – Alptraum eines jeden Seglers – macht auch dem größten Segelsportfest der Welt zu schaffen. Nicht fehlender Wind in den Revieren auf und vor der Kieler Förde, sondern „Ebbe“ in den Geldbeuteln der öffentlichen Hand und privater Sponsoren ist zu einem Handicap für die 100. Kieler Woche (18. bis 26. Juni) geworden. Die seit zwei Jahren gedeckelten staatlichen Zuschüsse wurden noch einmal um 250.000 auf 950.000 Mark gekappt.

Um das Programm nicht radikal aushöhlen zu müssen, versuchte das Kieler-Woche-Büro die Finanzklippen auf zwei Kursen zu umschiffen: Erhöhung der eigenen Einnahmen und Suche nach mehr Sponsoren. Dabei scheint die Crew um Wolfgang Radau so geschickt manövriert zu haben, daß der Kieler-Woche-Dampfer trotz aller Sorgen nicht auf Grund läuft. Mit Einnahmen von 950.000 Mark rechnet Radau diesmal unter Einschluß von Sponsorengeldern aus der Vermarktung seines Produkts – mehr als in den letzten Jahren.

Etwa 40 Artikel mit dem Signet der Kieler Woche sollen die Kassen klingeln lassen. Flaggen, eine Uhr in limitierter Auflage von 666 Stück, eine Medaille in Gold und Silber, eine ebenfalls limitierte Telefonkarte gehören dazu. An der Herausgabe war auch der Kieler Yacht-Club beteiligt, mit dem das Kieler-Woche-Büro noch enger zusammenarbeiten will. Viele Ideen sind gefragt, um das Renommee der Kieler Super-Woche – sie dauert neun Tage – nicht aus Geldmangel irreparablen Schaden nehmen zu lassen. „Wir wollen sie in ihrer Qualität erhalten“, lautet Radaus klare Kursbestimmung.

Über 400 Veranstaltung gehören auch in diesem Jahr dazu. Viel Sport, Spiel, Musik, Theater und internationales Markttreiben werden die Stadt an der Förde wieder kräftig pulsieren lassen, auch wenn die ganz großen Namen aus der Welt der Kultur fehlen. Auch der traditionelle Kongreß, der diesmal dem Zusammenleben von behinderten und nichtbehinderten Menschen gewidmet ist, und die Konferenz des Instituts für Weltwirtschaft zum internationalen Standortwettbewerb bestimmen den hohen Anspruch mit, den Veranstalter und Gäste an das Ereignis stellen.

„Nach meiner Ansicht muß die Struktur des Gesamtgefüges so erhalten bleiben“, meint Radau vor dem Hintergrund von Diskussionen um eine Privatisierung des „Unternehmens“ Kieler Woche. Deren Befürwortern, die so aus der öffentlichen Finanzflaute herauskommen wollen, hält er den auch in der Privatwirtschaft größer werdenden Kostendruck entgegen. „Dann geht es nur noch darum, die Kosten zu minimieren“, befürchtet Radau. Ein so großes und anspruchsvolles Programm wie bisher sei dann nicht mehr möglich. Trotz seiner Skepsis gegenüber einer Privatisierung ist Radau klar, daß bei der Finanzierung weiter neue Wege gegangen werden müssen. Dies hatte auch die Ratsversammlung im vergangenen August beschlossen.

Radau macht auch geltend, daß nicht jede Wirkung der Kieler Woche direkt in Mark und Pfennig „abgerechnet“ werden kann: Er will den Aspekt „Völkerverständigung“ – es werden Teilnehmer und Besucher aus über 40 Ländern erwartet – nicht unter den Tisch kehren lassen, und er sieht das Angebot für bis zu 1,6 Millionen Gäste. lno