Rad ab bei der Bahn

■ Rücklicht zerbrochen, Schutzblech verbogen, Gangschaltung beschädigt / Viele Räder kommen kaputt aus den Waggons / Musterländle Schweiz

Hannover Der Urlaub sollte so schön beginnen: Erholt aus der Bahn steigen, das vorausgeschickte Fahrrad am Gepäckschalter abholen und in die Erholung hineinradeln. Doch dann kam alles ganz anders. Bei der Fahrradausgabe am Schalter war das Rücklicht zerbrochen, das Schutzblech verbogen und die Gangschaltung beschädigt. Was nun? Das Rad kaputt, die Werkstätten geschlossen, das Tagesziel nicht mehr zu erreichen. Bereits am Ausgangsbahnhof begann der Urlaub mit Ärger statt mit Erholung.

Rund 190.000 Zweiräder werden jährlich als Gepäckgut auf das bundesweite Schienennetz der Bahn geschickt. Schäden seien dabei unter dem ständigen Zeitdruck beim Versand nicht auszuschließen, sagt Volker Jaquet, Fahrradbeauftragter der Deutschen Bahn AG. Hauptursache seien der Transport auf der Straße und das Umladen an den Verteilerstellen. Zahlen über die jährliche Schadenssumme kann Jaquet allerdings nicht nennen.

Ulrich Haffert, Mitinhaber eines Zweiradgeschäftes in Hannover, kennt ebenfalls die Sorgen der Fahrradtouristen. „Wer sein Rad liebt, der führt es trotz längerer Fahrzeiten direkt mit sich in der Bahn.“ Jedes Jahr brächten Reisende ihre beschädigten Drahtesel zusammen mit der Schadensbestandsaufnahme zu ihm in die Werkstatt. Ein Ausweg ist für Haffert eine Schutzhülle für das Fahrrad.

Eine Verpackungspflicht für Fahrradtransporte über Ländergrenzen hinweg ist seit Jahresbeginn europaweit eingeführt worden. Für die Beschaffung eines solchen Schutzes ist der bundesdeutsche Radler aber immer noch selbst verantwortlich. Bisher bietet die Bahn dem Kunden weder für den in- noch ausländischen Versand eine Verpackungsmöglichkeit an. Auch der Fahrradhandel kann nur einige teure selbstgefertigte Modelle vorlegen. Viele Kunden fragten deshalb nach den Kartonagen der Industrie, berichtet Haffert.

Vor zwei Jahren testete die Bahn nach eigenen Angaben erfolgreich eine mehrfach verwendbare Schutzhülle. Doch die Einführung der Verpackung scheitere an den rund fünf Mark Mehrkosten je Fahrrad, sagt der Leiter des Bereiches Fernverkehr, Hans Gores. Die Bahn fahre durch die hohen Personalkosten und die stagnierenden Transportzahlen beim Fahrradversand ohnehin rote Zahlen ein.

Die Schweiz dagegen geht seit rund einem Jahr mit gutem Beispiel voran. Durch den Werbeaufdruck einer Versicherung kann die Bahn des Alpenlandes den Kunden eine Schutzhülle kostenlos zur Verfügung stellen. Die rund 15 Mal verwendbare „Velo-Hülle“ reduziere die Anzahl der mechanischen Schäden schätzungsweise um rund 50 Prozent, meint der Reklamationsdienst der Bahn in Bern.

Eine Kostenreduzierung durch Firmensponsoring nach schweizerischem Modell sei bei der Deutschen Bahn allerdings nicht möglich, sagte Gores. Die Einnahmen kämen nicht dem Fahrradversand zugute.

Clemens Finzer, dpa