Umweltverbände contra Gifhorn

■ Verbände werfen der Stadt naturfeindliche Politik vor

Gifhorn Die Natur- und Umweltverbände Gifhorns verstehen die Welt nicht mehr. Auf einem Gebiet, daß alle Kriterien des Landschaftsschutzes erfüllt, plant die Stadt einen Industriepark. „Und das, obwohl es alternative Standorte gibt“, wundert sich Joachim Meier vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). NABU, BUND, Landesjägerschaft, Landessportfischerverband und die Aktion Fischotterschutz haben ihre Einwände gegen den Flächennutzungsplan eingebracht. „Hinter uns stehen mehrere tausend Mitglieder“, gibt Meier zu bedenken.

Eine Umweltverträglichkeitsstudie – von der Stadt selbst in Auftrag gegeben – hat bewiesen, was die Naturschützer seit drei Jahren immer wieder ins Feld führen. Die Gruppe Ökologie und Umwelt, ein unabhängiges Institut aus Hannover, bestätigte, daß auf der etwa 55 Hektar großen Fläche am südlichen Rand der Heidestadt der vom Aussterben bedrohte Weißstorch noch Nahrung findet sowie seltene Fische und Wiesenvögel ihren Lebensraum haben. Laut Studie wäre ein Eingriff in diesen Naturhaushalt nicht ausgleichbar. Außerdem handele es sich um ein natürliches Überschwemmungsgebiet, wie es laut Meier andernorts mühsam und teuer wieder rekultiviert wird.

Ein derartiger Landschaftsverbrauch sei heute nicht mehr verantwortbar, meint auch Friederike Franke vom BUND. „Und das auf den bloßen Verdacht hin, daß sich hier VW-Zulieferer ansiedeln könnten“, schimpfen die Naturschützer. Auf Zulieferer des Wolfsburger Automobilherstellers wartet nicht nur Gifhorn. Wolfsburg selbst und viele Kommunen zwischen den beiden Städten versuchen mit günstigen Angeboten Unternehmen zu locken. Mehrere schon erschlossene Flächen stehen nach Angaben der Umweltverbände in den Dörfern nahe Gifhorn bereit.

Auf andere Kommunen will Stadtbaurat Klaus-Peter Evers sich nicht verlassen: „Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, Arbeitsplätze zu schaffen.“ Zu dem Gebiet – das in der Stadtverwaltung bereits den Arbeitstitel Unternehmenspark Gifhorn Süd trägt – gebe es keine echten Alternativen. Die gute Verkehrsanbindung, sowohl für einen Gütertransport auf Schienen als auch für den Personentransport per Bus, sei nur dort vorhanden. Die anderen zwei Möglichkeiten seien lediglich „ins Gespräch gebracht worden“. Die Naturschützer werfen der Verwaltung genau das vor. Eine angemessene Beurteilung der Alternativstandorte wurde offensichtlich nicht vorgenommen, heißt es in dem Einwand-Schreiben.

Die hohe ökologische Bedeutung des umstrittenen Gebiets leugnet auch der Stadtbaurat nicht: „Die sieht jeder sofort“. Doch das alleine genüge nicht, die Stadt müsse öffentliche und private Belange gerecht gegeneinander abwägen. Die Studie sei keine Entscheidung, sie soll den Ratsmitgliedern lediglich zu eben dieser Abwägung dienen.

„Hier findet eindeutig eine Interessenabwägung statt, die nicht im Sinne des Naturschutzes ist“, meint allerdings Meier. Denn warum, so fragen die Umweltverbände, wird eine Fläche, die alle Kriterien erfüllt, nicht schlichtweg unter Landschaftsschutz gestellt? Anita Pöhlig, dpa