Innenminister weiter gegen Abschiebestopp

■ Bundesregierung soll „Ansprechpartner“ für abgeschobene Kurden benennen / Bayerischer Verwaltungsgerichtshof stoppt Becksteins Abschiebevorhaben

München (dpa/AFP/taz) – Die Entschlossenheit deutscher Innenminister, Kurden in die Türkei abzuschieben, ist erneut an rechtsstaatlichen Vorbehalten gescheitert: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München bestätigte gestern eine Entscheidung des Münchner Verwaltungsgerichts, wonach vier Kurden, die im März an der gewalttätigen Demonstration auf der Autobahn bei Augsburg teilgenommen hatten, vorerst nicht in die Türkei abgeschoben werden dürfen. In ihrer Urteilsbegründung warfen die Richter der Münchner Ausländerbehörde vor, bei der Entscheidung weder die Asylberechtigung der Betroffenen noch deren familiäre Situation, noch die bisherige Straffreiheit der Betroffenen bedacht zu haben.

Demgegenüber konnten sich die Innenminister des Bundes und der Länder auf ihrer Konferenz in Heringsdorf nicht auf einen generellen Abschiebestopp von Kurden in die Türkei einigen. Die Innenminister der Länder forderten statt dessen die Bundesregierung auf, bei der deutschen Botschaft in der Türkei einen ständigen Ansprechpartner für abgeschobene Kurden einzusetzen. Dieser solle Hinweisen auf staatliche Übergriffe gegen aus der Bundesrepublik abgeschobene Kurden nachgehen, erläuterte der Vorsitzende der Konferenz, Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel (SPD). Ein unter anderem von Schleswig-Holstein geforderter Abschiebestopp für Kurden fand bei den Innenministern keinen Konsens.

Der Kieler Innenminister Hans Peter Bull (SPD) zeigte sich „enttäuscht“, daß es zu keinem Beschluß „im Sinne der bedrohten Menschen gekommen sei“. Besonders Bayern habe sich gegen einen Abschiebestopp ausgesprochen. Bull sagte, es gebe „immer mehr Hinweise“, daß in Südostanatolien die Menschenrechte verletzt und Kurden gefoltert würden.

Der sächsische Innenminister Heinz Eggert sagte, ein Beschluß müsse sich auf die Einschätzung der Lage in der Türkei durch das Auswärtige Amt stützen. Dieses spreche aber weiterhin von „innerstaatlichen Fluchtmöglichkeiten“ in der Türkei. Eggert verwies auf Berichte über Folterungen in der Türkei. Sollten sich diese entgegen den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes als wahr herausstellen, müßte neu beraten werden. Eggert warf dem Auswärtigen Amt vor, den Fall einer aus Sachsen in die Türkei abgeschobenen Familie, die nach jüngsten Berichten dort gefoltert wurde, nicht umgehend überprüft zu haben.

Der Konferenzvorsitzende Alwin Ziel erklärte, in Deutschland straffällig gewordenen Kurden werde auch weiterhin in der Bundesrepublik der Prozeß gemacht. Der bayerische Innenminister Günter Beckstein (CSU) habe mit seiner Forderung nach sofortiger Ausweisung „falsche Erwartungen“ geweckt.

Die Innenminister einigten sich auf eine intensivere politische Aufklärung über die Ziele der „Republikaner“. Notfalls sollten die „Republikaner“ vom Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden.