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■ Schöner lebenEmmas Sieg

Als die Gräfin Emma von Lesum im Jahre 1032 unserer kleinen Stadt die Bürgerparktombola schenkte, da konnte es freilich noch niemand gewußt haben. Alles freute sich wie nicht gescheit über die kleinen Losverkäufershäuschen und über die unzähligen Schachteln mit Kellog's Cornflakes, die es nun zu gewinnen galt, bloß der Lärm! Wenn er nur je wieder ein Ende genommen hätte!

Damals aber ging Bremen unter. Bald ermattete die Bevölkerung unter dem pausenlosen aönendummen Gequäk der Losverkäufer, schlich nur noch stieren Blicks ihrer Wege und ergab sich dem Kegelschieben und der Sozialdemokratie, bis 800 Jahre später ein letztes Häufchen Unentwegter vor die Mauern der Stadt entkam. Die Flüchtlinge rodeten ein Fleckchen Urwaldes, legten lauschige Wege an und schleppten wochenends die Vertrottelten aus der Stadt heraus und in kleinen Grüppchen durch den Frieden, auf daß sie Gesundung fänden. Das Gelände aber nannte man nach der Bürgerparktombola den „Bürgerpark“, und man pflegt ihn seither unter großen Opfern, weil anders die Bürger rein gar nicht mehr wüßten wohin, wenn jahrein, jahraus Bürgerparktombola ist.

Soweit hat es die Gräfin Emma mit ihrer stadtbekannten Tücke gebracht, und daß die Geschichte heute andersherum erzählt wird, zeigt, wie sehr sich die Bremer schämen, weil sie sich von der alten Hexe dermaßen haben ausschmieren lassen. Bis auf den heutigen Tag wirkt die Übermacht der Schande fort, wie man an der Innenstadt sieht, und ein jedes Vorhaben, diese zu beleben, muß früher oder später zunichte werden, weil ja dann doch wieder die Bürgerparktombola stattfindet.

Friedrich „Sparkasse“ Rebers aber, der dafür natürlich in die Hölle kommt, wird auch dort sofort eine Bürgerparktombola veranstalten, ja er wird aus dem Kessel heraus, in dem er gesotten wird, unaufhörlich Lose verkaufen in alle Zeit, und selbst die Teufel werden verzweifeln unter dem Geschrei und tüchtig das Feuer unter dem Kessel schüren und doch immer nur Kellog's Cornflakes gewinnen. Manfred Dworschak

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