Notruf 23 39 40

■ Hamburgs Kripo pfiffe auf dem letzten Loch, so sie sich einen Käse leisten könnte Von Magda Schneider

Es klang zunächst nach einem Scherz, nach einem billigen PR-Gag, um bei den morgigen Personalratswahlen für die Hamburger Kriminalpolizei noch ein paar Stimmen von unzufriedenen Kriminalisten einzuhamstern. Doch der Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) meint es ernst: Die Standesorganisation hat gestern alle HamburgerInnen zur Sachsammlung aufgerufen. Alles wird benötigt: Funktelefone, Autos, Kochherde, Kühlschränke, Betten, PCs....

Selbst dem taz-Polizeireporter ist angesichts dieses dramatischen Hilferufs die Betroffenheit auf die Stirn geschrieben. „Wenn der Aufruf ein paar Tage früher gekommen wäre, hätte ich meinen TÜV-überfälligen 81er „Obelix“ letzte Woche nicht Kiesow vermacht, sondern den Wagen der Kripo überlassen.“ Denn mit dem City-Laster könne man hervorragend Observationen durchführen. Und eigentlich sei der Wagen noch ziemlich einsatzfähig gewesen. „Lediglich die Handbremse ging nicht richtig, das Gebläse war defekt und die Antriebswelle eierte – dafür konnte man hervorragend in dem Auto zu zweit pennen.“

2,8 Millionem Mark muß die Polizei in diesem Jahr einsparen, weitere 9,5 Milionen Steuermark im kommenden Jahr, klagt der BdK. Und, als sei das des Horrors nicht genug: 1445 Planstellen gibt es bei der Hamburger Kripo, für die tägliche Verbrechensbekämpfung seien aber lediglich 1200 BeamtInnen im Einsatz. Durch ein Fehlquote von 30 Prozent seien ganze Dienststellen nicht mehr „lebensfähig“. Woher kommen bloß die vielen Krankschreibungen, fragt sich da der Beobachter. Machen viele wegen Motivationsmangels blau? Quält das Magengeschwür aufgrund von Unzufriedenheit die KriminalistInnen oder ist es die Überforderung wegen des Nebenjobs?

Der BdK versucht zumindest anhand der Mordkommission die Dramatik zu verdeutlichen. Die 27 Männer und Frauen der Mordfahndung verfügten nicht einmal über Fernseher oder Videokameras, um die Tatortbesonderheiten zu dokumentieren. Es mangele auch an Funktelefonen. BdK-Chef Frank Morgenroth: „Die Mitarbeiter sind an den Tatorten häufig auf die freundliche Unterstützung von Journalisten angewiesen.“ Naja, tun einige ganz gern, schließlich wäscht ja eine Hand die andere....

Überdies fehlten den Mordfahndern Personalcomputer zur Spurendokumentation und ein richtiger Mittelklassewagen. So stand voriges Wochenende „für drei Mitarbeiter nur ein kleiner Polo“ zur Verfügung, jammert Morgenroth. Paßten zwar alle rein, aber wer steuert ein Auto nicht gern selber?

Ganz oben auf der Wunschliste der Kripo stehen ferner eine Mikrowelle, eine Gefrierbox und ein Klappbett. Morgenroth: „Damit sich die Mitarbeiter nach nächte- und tagelangen Einsätzen an den Dienststellen wenigstens eine warme Mahlzeit bereiten oder zwischen den Einsätzen ruhen können.“ Klar, volles Verständnis. Ohne Mampf kein Verbrechenskampf. Da die taz-Leserschaft in der Regel nicht über Zweitwagen oder Ersatzvideo verfügt und der PC nur zum Eigendarf angeschafft wurde, kann die Leserschaft natürlich nur in sehr geringem Maße Hamburgs BdK unterstützen. Aber auch kleine Gaben können Bedürftige schon glücklich machen. Wie wär's mit Schreibmaschinen, Kugelschreiber, Kochtöpfe, Second-Hand-Schuhe, Klamotten, ausrangiertes Mobiliar und vor allem Pfandflaschen (leer): Ab damit zum BdK. Der ist unter der Faxnummer 23 39 40 zu erreichen. Einen Abholservice hat er allerdings nicht einrichten können: Sie wissen schon, kein Dienstwagen...