Kohlhäsin, zum Apport!

Kohlhäsin, zum Apport!

Wo das Allerweltsleben an den Wahnsinn grenzt, den ganz normalen: Dort haust die Kohlhäsin, vorm. „unsere“ Frau „Claudia“ Kohlhase, haust sie also still und scheinbar heimlich, aber doch mit offenen Ohren und Augen. Still, wie gesagt; und dabei doch unglaublich rührig resp. emsig. So kommen ihre Beobachtungen aus dem „apportierten Alltag“ (Untertitel) nun in dem Bändchen „Der Rettungsspaziergang“ (Titel) auf uns. Dort sind klug einige der allergelungensten Kurzgeschichten der (u.a.) taz-Glößnerin versammelt; und wer sie dazumal sträflicherweise verpaßt hat, muß nun zum Apport. Um zu lesen, wie noch in den geringsten Ereignissen des Alltags wahre Wunder sich verbergen. Z.B. beim Angeln, wo die Autorin „das einsame Schweigen beim wichtigen Sitzen neben Maden“ erfährt. Oder am Bäckerstresen, wo sich das geradezu biblische Brot- bzw. Brötchenwunder jeden neuen Morgen vor unseren Augen vollzieht: 47 Brötchensorten gilt es bekanntlich zu verdauen, oder zumindest zu sichten, also was tun - „übermannt von Sieben-, Sechs-, Fünf-, Vier-, Drei-, Zwei-, Einkornbrötchen die Flinte ins Mehrkorn werfen?“. Gemach. Denn nicht zu guter letzt ist Kohlhases Brevier auch eine kleine, wenngleich wundersame Lebenshilfe. Am nützlichsten, ja: trefflichsten ist sie allerdings dort, wo kein Ereignis nicht passiert. Wo feinsinnig die stillen Freuden des Nichtstuns, des Bummelns und Lummelns beschrieben werden; wenn es ums Daheimbleiben und Umhertreiben geht. Das alles in einem Tonfall, der munter zwischen Lakonie und Überschwang bockspringt. Fast wie im richtigen Leben eben. tom

„Der Rettungsspaziergang“; edition sisyphos, 18 Mark; erhältlich im Buchhandel oder in der taz Bremen, Am Dobben 123