Sparen bei den Ostschienen

■ Bahnprojekte Deutsche Einheit nicht vordringlich

Berlin (taz) – Nein, er wisse nichts Konkretes, meinte der Sprecher des Verkehrsministeriums entnervt. Gestern hatte die Berliner Zeitung gemeldet, daß an vier Bahnstrecken aus dem Katalog „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ massiv gespart werden solle. Während die Pläne für den Ausbau der Ostseeautobahn immer weiter voranschreiten, soll die Eisenbahnverbindung Lübeck–Rostock–Stralsund offenbar nicht mehr als „vordringlicher Bedarf“ gelten. Zwischen Leipzig und Dresden werde es nur eine Aus- statt Neubaustrecke geben, und die Trasse Berlin–Hamburg soll nur für langsamere Züge befahrbar sein, schreibt das Blatt. Außerdem sei zwischen Stendal und Uelzen nur noch ein eingleisiger Ausbau vorgesehen, der zudem erst sieben Jahre später als geplant fertiggestellt werde. Schon am Vortag war ein Brief von zwei CDU- und zwei SPD-Landesvätern bekanntgeworden, in dem sie gegen eine betriebswirtschaftliche Neubewertung von Gleisstrecken protestierten.

Der vermutliche Hintergrund der Streichorgie: Die Bahn AG hat die geplanten Strecken von Gutachtern danach bewerten lassen, ob sie sich wirtschaftlich rechnen werden oder nicht. Nur bei Strecken, die die Bahn als ökonomisch sinnvoll einschätzt, muß sie durch Abschreibungen später an den Bund zurückzahlen. Wenn die Regierung hingegen den Bau aus politischen Gründen für nötig hält, bekommt die Bahn die Strecken unentgeltlich überlassen. Auch die Bahn AG mauerte gestern bei der Frage, ob die zur Disposition stehenden Schienen von ihr als unwirtschaftlich eingeschätzt wurden.

Der 1992 noch nicht über seine Putzfrau gestolperte Verkehrsminister Günther Krause hatte immer mit dem Argument für die 17 Projekte Deutsche Einheit geworben, das meiste Geld werde für die Bahn ausgegeben. 29 Milliarden Mark waren für Gleise vorgesehen, 23 Milliarden Mark für Straßenprojekte. Einmal mehr zeigt sich jetzt, daß sein Gefasel von der Verkehrswende reine Propaganda war. aje