Klein-Bock in Ottensen

■ Homöopathin peppelt verstoßenes Heidschnuckenlamm auf

Es war ein akuter Notfall, als der kleine schwarze Zotteling vor acht Tagen aus einem Vorort Hamburgs in die Praxis der Tierheilkundlerin Beatrix Brück in Ottensen eingeliefert wurde. Brück: „Es bestand echt Lebensgefahr.“ Die Eltern hatten den Kleinen unmittelbar nach der Geburt verstoßen. Inzwischen ist die schnuckelige Heidschnucke putzmunter und die Attraktion in der Großen Brunnenstraße.

Das Böcklein wurde gleich zu Beginn seines Daseins mit den Härten des Lebens konfrontiert. „Weshalb ihn die Mutter nicht angenommen hat, wissen wir nicht“, erzählt Beatrix Brück. Auf jeden Fall verweigerte sie ihrem Kleinen die Muttermilch und der große Bock - Vater und Bruder in einem – mißhandelte ihn. Die menschlichen Pflegeeltern versuchten, den Vierbeiner mit verdünnter Milch aufzupeppeln. „Das war ein Fehler, daran kann ein kleines Lämmchen sterben“, erläutert die Tierhomöopathin und Naturheilkundlerin für Tiere. „Als er zu mir gebracht wurde, litt er unter Unterkühlung, Durchfall und Erschöpfung“, schildert Beatrix Brück den jämmerlichen Zustand des Winzlings. „Er konnte sich nicht einmal auf den Beinen halten, knickte immer um. Außerdem hatte er noch das Darmpech im Bauch.“

Brück verordnete ein natürliches intensiv-medizinisches Programm: Rohmilch mit etwas Sahne angesetzt, dazu etwas Kalk, das Ganze leicht angesäuert. Der Kleine aus der Gattung der Schwarzkopfschafe nahm sofort das Fläschchen von Ersatzmutter Brück an: „Der hatte richtig Kohldampf. Ich habe ihm dann noch das Darmpech herausmassiert.“

Inzwischen fühlt sich der kleine Bock pudel... – ääh heidschnuckenmäßig wohl. Wenn Beatrix Brück mit ihren beiden Hunden die Praxis verläßt, tapert der Winzling hinterher. „Der läuft im Rudel mit.“ Die Kinder im Viertel haben den kleinen Schmusling liebevoll Janek getauft, und auch die erwachsenen OttenserInnen zeigen gern den neuen Mitbewohner in der Brück-Praxis: „Hier wohnt unser kleines Lämmchen.“

Der kleine Schafbock, der sich noch zu einem echten Heidschnucken-Macho mit riesigen Schneckenhörnern auswachsen wird, ist äußerst pflegeleicht. Den Tag verbringt er neben dem Schreibtisch im Behandlungszimmer, wenn er nicht mit den Hündinnen im Garten spielt. Wenn die menschliche Tiermutter ins Restaurant zum essen geht, weicht der Kleine nicht von ihrer Seite. Und nachts schläft er in einem Karton neben dem Bett der Homöopathin. Denn das Lämmchen braucht noch alle zwei Stunden das Fläschchen, sonst fängt es an zu mosern.

Die Naturheilkundlerin muß ihren Tiersprößling noch sechs Wochen aufpeppeln und hofft, ihn dann artgerecht unterbringen zu können. Brück: „Heidschnucken brauchen mageren Heideboden zum Fressen, den fetten Grasboden in Hamburgs Umgebung verträgt so ein Tier nicht.“ Kai von Appen