■ Kommentar
: Ein System vergreist

Symbole eines Generationskonflikts: Farbeier gegen einen Mäzen, dessen Großzügigkeit Hamburgs Funktionären soeben die Tränen in die Augen getrieben hat. Die Absage einer Uni-Feier, die Studierende und Staatstragende doch zusammenführen sollte. Der Appell des Wissenschaftssenators, die Studierenden mögen doch zurücckehren zur „rationalen Streitkultur“.

Entfremdung der Jüngeren vom institutionellen politischen System nennt der Ex-SPD-Chef Helmuth Frahm ein Phänomen, das er in seiner Partei beobachtet hat, das sich aber - zumal im SPD-Stadtstaat Hamburg - nicht auf sie beschränkt. Die Auseinandersetzungen um den Uni-Geburtstag, der Protest der Studis gegen die Senatspolitik speisen sich ebenso aus dieser Entfremdung wie die Empörung der Funktionäre über die Erscheinungsweisen dieses Protests.

Der mag zuweilen dümmlich daherkommen, ist aber in seiner Gesamtheit Ausdruck des Aufbegehrens gegen das selbstzufriedene Hamburger Polit-System, als dessen Symbole der unglückliche Lüthje, Spender Greve und Geburtstags-Festakt in dieser Woche erschienen.

Statt die von Leo Hajen jetzt beschworene demokratische Diskussion zu suchen, den Versuch der Integration zu wagen, haben dessen Spitzengenossen Andersdenkende in der Vergangenheit systematisch aus der politischen Gestaltung ausgegrenzt. Nicht nur, wie von Frahm konstatiert, innerhalb der Partei. Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit:

-Voscheraus Koalitions-Absage an die Grünen war weniger rationaler politischer Akt als Ausdruck des tiefen Mißtrauens gegenüber den Jüngeren. Wobei „jünger“ nicht zwangsläufig für das biologische Alter steht, sondern eher einen den „alten“ Funktionärskadern fremden Politikansatz umschreibt, der es erfordert, den lange gehegten Schein der eigenen Vollkommenheit in Frage zu stellen. Da wirkten die Anzugträger der Statt-Partei schon rein optisch viel vertrauter. Man blieb lieber unter sich, statt in Zeiten schwieriger politischer Entscheidungen eine breitere gesellschaftliche Basis zu suchen.

-Die Sparpolitik des rotgrauen Senats orientiert sich entsprechend am alten Grundkonsens dieser Stadt. Der Senat spart, wo es Handelskammer, Hafenwirtschaft und umzu erlauben. Die alten Freunde von nebenan läßt man lieber in Ruhe. Auch hier ist das - eher auf emotionale Nähe denn auf kritische Auseinandersetzung begründete - Vertrauen in die Weisheit der eigenen Generation das entscheidende, aber ungenügende Kriterium für den politischen Kurs. Uli Exner