Totgesagte überleben länger

■ Die Breminale, jetzt gänzlich ungefördert, geht mit Sponsoren ins achte Jahr/ Vom 19. - 23. Mai

So weit war es also gekommen: die Breminale befand sich „ganz tief unten und stand, wahrlich, zur Disposition“, erinnert sich Holger Siegel, einer ihrer Manager. Die Kultursenatorin verzichtete auf Zugriff respektive Förderung, und da haben sie natürlich zugelangt, die Sponsoren. Zehn an der Zahl, darunter König Pilsener, Reemtsma und Sparkasse, die das Bremer Open-Air-Pfingst-Ereignis auf den Osterdeichwiesen nun an ihren Geldtropf gehängt haben. Das heißt, sie tragen rund ein Viertel der diesjährigen 400.000 Mark Auslagen, was anscheinend sämtliche Breminaler Lebensgeister (wieder)geweckt hat.

Von der Politik enttäuscht und durchs Sponsoring gestärkt machten sich Holger Siegel und Manfred Fleckenstein von der Breminale-GmbH also auf, die Not gar in die Tugend zu wandeln, und ein paar ganz neue Konzeptideen anzugehen. Bislang hätten sie den Anspruch gehabt, das gesamte Programm selbst zu gestalten, sagen sie. Darunter hätte jedoch so manches gelitten; es wurde abgegeben. In die Hände ehemaliger Breminale-MitarbeiterInnen zum Beispiel, wie Jutta Golda, die jetzt das gesamte Kinder- und Jugendprogramm regiert.

Da werden dieses Jahr „mit den Steppkes“ Tipis gebaut, ein Klangteppich belebt und allerhand anderes Verzauberndes wird passieren. Die etwas älteren, sprich 14- bis 18-Jährigen, dürfen sich beim Streetball austoben, sprayend in Wettbewerb treten, HipHopen, und zur Hard-Beat-Nacht mit den Bremer Party Diktatoren und US-Punk wallfahrten. Bremer und vor allem die Ostertor'schen Geschäftsleute und Kulturhäuser machen's möglich, so wie sie auch dafür mit Sorge tragen, daß das Kinderprogramm auch künftig ein kostenloser Breminale-Teil bleibt. Geplant ist ein Losverkauf gemäß dem Motto: Der gute Zweck heiligt die Tombola.

Überhaupt hat ja die Bremer Kulturszene mal wieder bewiesen, daß sie aufrecht hinter dem ganzen Projekt steht, was heißt, daß sie sich quasi ehrenamtlich daran beteiligt. Vierhundert KünstlerInnen teilen sich 12.000 Mark Gage. Zur Freude aller potentiellen Breminale-Gäste, denn so heißt es kost nix rund um die Open-Air-Bühne im Wiesenzentrum. Oder, wie im Breminale-Programm, „Umsonst und draußen“, organisiert vom Lagerhaus Schildstraße: „Keine Leistungsshow, sondern Ausdruck von Lebensform, getragen von dem Spaß an der Sache und dem Glauben an gutes Wetter“, heißt es von dort. Und Gutgläubige gibt es in Bremen offenbar genug – Rock'n RollerInnen, KabarettistInnen, TänzerInnen und die Fehrfeld-Studios etwa wagen sich ins dachfreie Areal.

Schauer- und Dauerregenschutz bieten dagegen die altbewährten Zelte Schleuse und Kraftwerk – und ein neues Gebilde, das bereits jetzt seine monströsen Fächer auf den Osterdeichwiesen ausgebreitet hat. Sein Name ist Casino Container, und seine Mutter ist Frau Dr. König, Chefin von „König Pilsener, Das König der Biere“. Durch Deutschlands Städte will der Casino Container, ein mobiles Kunstcafé, touren, war schon in Münster und will noch viel weiter ziehen und KünstlerInnen einsammeln. Sie und ihre Darbietungen werden auf Video oder Tonband bebannt und als virtuelles Nomadenvolk mitgenommen. In Bremen haben MusikerInnen, MalerInnen, Pantomime, LiteratInnen Gelegenheit, sich im Multimedia-Container zu präsentieren und anschließend in die Welt hinausgetragen zu werden. Der Offene Kanal tut mit Live-Aufzeichnungen vom Gesamt-Spektakel sein Übriges hinzu.

Für Casino Container ist die Breminale ganz klar Werbe-Standort, für die Breminale ist Casino Container ein weiterer Teilnehmer, an den die hauseigene GmbH Programmarbeit delegiert hat. Ihr als Veranstalterin verbleiben vor allem die Abend-Events im Kraftwerk-Zelt, wie die erklärten und auch schon bewährten Breminale-Renner, die beiden Blues Nights, die bereits ein Bremer Hotel mit Bluesfreunden gefüllt haben, und noch locker ein zweites füllen könnten, so heißt es. Ansonsten hat die GmbH sich darum gekümmert, daß jetzt endlich der pfandpflichtige Mehrwegplastikbecher verwendet wird und Tages-Zeltkarten eingeführt wurden, deren Vorverkauf bereits an den üblichen Stellen und ab morgen im Casino Center läuft.

Man ist also zuversichtlich und will dieses Jahr„auf Null“ kommen - ansonsten müßten halt leider die Einnahmen aus dem Bürgerweidenflohmarkt aushelfen. Das einzige Sponsoring-Opfer, das Open-Air-Kino, das keine Gönnerin gefunden hat, wurde übrigens seufzend hingenommen . Silvia Plahl

Termine s. Tageskalender u. Wochenprogramm unter„Breminale“