Explosionsstoff für die Ampel

■ Zähe Fortschritte im Ringen um Verkauf der Stadtwerke

Kaum ein Bremer Politthema, das sich so sehr hinter den Kulissen abspielt, wie der Verkauf der Bremer Stadtwerke. Seit ein paar Wochen trifft sich immer wieder periodisch das Wirtschaftskabinett, bestehend aus Wedemeier, Kröning, Jäger und Fücks, dazwischen eine Arbeitsgruppe auf Beamtenebene – und immer noch ist kein Tag echter Verhandlungen mit den 13 Interessenten vergangen. Noch immer geht der ampelinterne Streit um die Grundsätze des Verkaufs. „Wir haben uns aufeinander zubewegt“, ließ der grüne Umweltsenator nach der letzten Sitzung des Wirtschaftskabinetts am Dienstag mitteilen. Claus Jäger am Mittwoch: „Wenn auf der Fachebene nicht alles ausgeräumt werden kann, dann werden wir das am kommenden Dienstag nach der Senatssitzung beschließen.“

Drei Grundkonflikte bestehen. Erstens: Wieviel soll verkauft werden? Die FDP sagt: So viel wie möglich. Die SPD: Nicht mehr als 24,9, das ist Beschlußlage des Landesparteitages. Aber erstens hat Wedemeier selbst die Diskussion schon längst in Richtung 2x24,9 gedrängt, und zweitens hat Kröning von Anfang an vertreten, daß sich Bremen angesichts der maroden Haushaltslage überhaupt nicht leisten könne, Anteile zurückzuhalten. Die Grünen schließlich beharren auf 24,9 Prozent, das hat ihr Umweltsenator im Dezember zu Protokoll gegeben. Die Wahrheit, wie sie sich schon angedeutet hat, könnte genau in der Mitte liegen. Die Sitzung am Dienstag kam zu dem Ergebnis: Die kommunale Mehrheit muß gehalten werden. Heißt im Klartext: 49 Prozent können zum Verkauf stehen.

Der zweite Konflikt geht um die Vertragsinhalte: Soll man die Käufer auf Fernwärmeausbau etc festlegen? Der Finanzsenator hatte vor gut zwei Wochen Furore mit einem Rechtsgutachten gemacht. Dort hatte gestanden, daß Bremen so veiele politischen Leitlinien in die Verträge schreiben könne, wie es lustig sei, nur bindend seien die nicht. Der Konsens geht in eine andere Richtung: Enrergiepolitische Leitlinien sollen in die Verträge eingehen. Das ist vor allem ein grüner Herzenswunsch, allerdings einer, dem sich auch die beiden anderen Ampelpartner im Koalitionsvertrag verpflichtet haben. Doch dieser Streit scheint noch lange nicht ausgefochten zu sein. Wirtschaftssenator Claus Jäger: „Ich werde nicht akzeptieren, daß wir Bedingungen auferlegen, denen ich im Aufsichtsrat der Stadtwerke auch nicht zustimmen würde.“ Eine mögliche Kompromißlinie: Zustimmung zu größeren Tranchen nur dann, wenn unter dem Strich ein energeipolitisches Plus steht.

Bleibt Konflikt Nummer drei: An wen soll verkauft werden? In der Frage haben SPD und Grüne in den vergangenen Tagen noch einmal die Einmischung geprobt. Der SPD-Landesvorstand hat die Parteitagsbeschlüsse in der Diskussion mit Klaus Wedemeier noch einmal bestätigt, und die grüne Bürgerschaftsfraktion hat ihre Position in einem Brief an das Wirtschaftskabinett dargelegt. Auf der Ebene gibt es eine rot–grüne Koalition: Kein Verkauf an einen Vorlieferanten. Damit wäre zum Beispiel die Ruhrgas–AG aus dem Rennen, aber auch der bislang heißeste Bewerber, und das ist die Preussen-Elektra (Preag). Der Monopolist, der das niedersächsische Umland schon fest im Griff hat, drängt mit Macht nach Bremen. Vor einigen Wochen geisterte das Gerücht durch die Stadt, Kröning sei mit der Preag schon handelseinig über den Verkauf von 24,9 Prozent (mehr darf die Preag aus kartellrechtlichen Gründen ohnehin nicht übernehmen). Mit der Preag soll weiter verhandelt werden, trotz der klaren Beschlußlage bei SPD und Grünen. Der Konzern scheint das beste Argument für Bremen auf seiner Seite zu haben: Geld.

Das scheint bislang auch bei den Stadtwerken selbst überzeugt zu haben. Vorstand wie Arbeitnehmer haben sich für die Preag ausgesprochen. Am deutlichsten hat der Wirtschaftssenator den Verhandlungsstand in Sachen Preag beschrieben. Claus Jäger am Mittwoch: „Der Vorstand will das, die Mitarbeiter wollen das. Wenn die Preag das beste Angebot macht und ideologisch nochwas obendrauf packt, dann weiß ich nicht, wie man das ablehnen will.“ „Man“, das ist die SPD und das sind vor allem die Grünen.

Wie zugespitzt die Lage werden kann, zeigt eine Stimme aus der grünen Bürgerschaftsfraktion: „Das kann die Koalition zum Platzen bringen.“ Jochen Grabler