Mißbilligung gescheitert

■ Fall Brodsky: Wissenschaftssenator sieht sich bestätigt / FU wartet ab

„Na? Sie holen sich heute den Preis als Chauvi des Jahres ab?“ scherzte ein Anzugträger mit Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) vor der Sitzung des Frauenausschusses. Auf der Tagesordnung stand am Mittwoch der Mißbilligungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sybille Volkholz hielt dem Senator vor, in vier Fällen zuungunsten von Frauen von der Berufungsliste abgewichen zu sein und statt dessen männliche Konkurrenten berufen zu haben. Damit habe Erhardt gegen das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) verstoßen.

Entzündet hatte sich die Auseinandersetzung an der Berufung des zweitplazierten Gert Mattenklott auf eine C-4-Professur am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (AVL) an der FU. „Es geht um eine politische, nicht um eine rechtliche Mißbilligung“, stellte Volkholz eingangs klar. Hatte doch das Verwaltungsgericht am vergangenen Freitag dem Senator bescheinigt, im Rahmen seines Ermessensspielraums nach dem Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) rechtmäßig gehandelt zu haben.

Mit der Frage, wie bindend das LGG bei der Berufung von ProfessorInnen ist, hatte sich das Gericht nicht befaßt. Hier gehen die Ansichten nach wie vor auseinander. Zwar räumt das Berliner Hochschulgesetz dem Wissenschaftssenator das Recht ein, sich bei Berufungen nicht an die von der Universität aufgestellte Rangfolge der Dreierliste zu halten. Doch nach Auffassung von Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) schränkt das LGG die freie Auswahl des Wissenschaftssenators ein. Demnach hätte er Brodsky berufen müssen.

Erhardt dagegen stellt sich auf den Standpunkt, daß er dazu verpflichtet ist, den am besten geeigneten Bewerber zu berufen – und das sei in diesem Fall Gert Mattenklott gewesen. Das LGG greife nur, wenn beide KandidatInnen gleich qualifiziert seien.

Die CDU-Frauen hielten dem Senator zugute, daß er in zehn Fällen zugunsten von Frauen von der Berufungsliste abgewichen sei. Die SPD-Abgeordnete Ingrid Holzhüter ließ anklingen, daß Brodsky von FU-Professoren instrumentalisiert worden sei, um Mattenklott zu verhindern.

Der Mißbilligungsantrag erhielt nur drei Stimmen, von Bündnis 90, FDP und PDS, und wurde mit zehn Gegenstimmen bei drei Enthaltungen abgeschmettert.

Nachdem Brodskys Anwalt gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Widerspruch eingelegt hat, muß sich nun das Oberverwaltungsgericht mit der Angelegenheit befassen. Mit einer Entscheidung ist in drei bis vier Wochen zu rechnen. FU-Präsident Johann Gerlach wolle bis dahin mit der Ernennung von Gert Mattenklott warten, um keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, erklärte FU-Pressesprecherin Christine Dankbar. Dorothee Winden