Menschenrechte kein Thema

■ Am Montag beginnt die vierte "Weltmetropolenkonferenz" mit 29 Bürgermeistern / Gegenaktionen angekündigt

Nun also doch: Nach den politischen Talfahrten der laufenden Regierungssaison ruft endlich der Gipfel. Ab kommenden Montag ist Berlin drei Tage lang Austragungsort für die nunmehr vierte „Gipfelkonferenz der Weltmetropolen“. Aus ingesamt 29 Großstädten kommen die Oberbürgermeister an die Spree, um sich im Landtag über das Thema „Metropolen in ihrer Region“ zu unterhalten. Schwerpunkt des kommunalen Austauschs sollen unter anderem der Personen- und Güterverkehr, Versorgung und Entsorgung sowie Strategien einer „geordneten Stadtentwicklung“, Ökologie und Probleme der Migration sein. Am Mittwoch soll dann abschließend eine „Berlin-Deklaration“ durch die Gipfelteilnehmer unterzeichnet werden.

An politischer Brisanz hatte die Weltmetropolenkonferenz vor einem Monat gewonnen, nachdem der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) vom sozialdemokratischen Koalitionspartner wegen der Städtepartnerschaft mit Peking und Jakarta kritisiert worden war. Die Konferenz soll auch Gelegenheit zu Gesprächen über die Einhaltung der Menschenrechte in China geben, wurde damals entgegnet.

Auf der Tagesordnung freilich sind Menschenrechtsverletzungen kein Thema, bestätigte gestern der zuständige Mitarbeiter in der Senatskanzlei, Horst Peter Schaeffer. Man habe vielmehr solche Probleme ausgewählt, „bei denen die Bürgermeister eine Kompetenz haben“. Das sei unter anderem der massive Bevölkerungszuwachs in den Metropolen, der eine Fülle von Problemen nach sich ziehe. Das Thema Menschenrechte dagegen sei vorwiegend eine „nationalstaatliche und keine kommunale Angelegenheit“.

In der Senatskanzlei gibt man sich indes überzeugt, daß die Konferenz auch konkrete Ergebnisse bringen wird. Ein Beitrag Berlins über das hiesige Fassadenbegrünungsprogramm auf der letzten Konferenz, weiß Schaeffer, habe etwa in Mexico City zur Begrünung nach Berliner Vorbild geführt. Dieses Jahr nun, verriet der Kongreß-Organisator, sei insbesondere aus Stockholm ein wegweisender Beitrag zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zu erwarten. Insgesamt, sagte Schaeffer, seien die Teilnehmer gehalten, ein Kurzreferat von 15 Minuten zu den Themen des Tages zu halten, ein vertiefter Austausch in Arbeitsgruppen sei nicht vorgesehen.

Geklotzt statt gekleckert wird dagegen, wenn es um die Selbstinszenierung Berlins vor den Augen der Weltöffentlichkeit geht. So gibt es im Tagungsprogramm eine Fülle von Fototerminen, einen gemeinsamen Gang durchs Brandenburger Tor sowie einen „Berliner Abend“ im Wirtshaus Schildhorn. Und auch für die Sicherheit der Metropolenchefs ist gesorgt. Während der Konferenz, hieß es gestern aus der Senatskanzlei, sei der Landtag für den Publikumsverkehr geschlossen.

Unterdessen hat ein Aktionsbündnis Protestaktionen gegen den Weltgipfel der Bürgermeister angekündigt. Unter Hinweis auf alltägliche Formen der Vertreibung von Obdachlosen und Straßenkindern aus den Innenstädten der Teilnehmerkommunen ruft ein „Club der Verdrängten“, darunter auch das Bündnis kritischer Gewerkschafter, die Hurenorganisation Hydra sowie Obdachloseninitiativen zu „witzig-provokativen“ Aktionen unter dem Motto „Platz da! Uns gehört die Stadt“ auf. Wie es in einem sechsseitigen Aufruf heißt, werde auch in Berlin der öffentliche Raum durch Wachschutz und private Sicherheitskräfte immer mehr zum privaten Raum von Geschäftsleuten, Läden und Firmen erklärt. Kritisiert wird aber auch die Teilnahme des Bürgermeisters von São Paulo, Paolo Maluf. Der habe in seiner früheren Funktion als Gouverneur des Bundesstaats São Paulo nicht nur Anteil am Aufbau paramilitärischer Repressionsorgane gehabt, sondern habe seine Wahl zum Bürgermeister 1992 unter anderem mit der Forderung nach „sozialer Säuberung“ gewonnen. Uwe Rada