Handgranate detonierte in Mini-Pizzeria

■ Zweiter Anschlag binnen 14 Monaten / Motiv und Täter unbekannt

Auf die kleine Pizzeria „Piccola Musica“ in der Wiener Straße haben unbekannte Täter in der Nacht zu Donnerstag einen Anschlag verübt. Wie die Polizei mitteilte, explodierte in dem Imbiß gegen 2.30 Uhr nachts eine Handgranate, die erheblichen Schaden anrichtete. Personen wurden nicht verletzt, weil der Laden bereits geschlossen hatte. Das Tatmotiv ist unbekannt.

Die Minipizzas der „Piccola Musica“ sind in Kreuzberg sehr beliebt. Der Laden gehört einem Palästinenser, der seit fünfzehn Jahren in Berlin lebt. Den Imbiß betreibt er eigenen Angaben zufolge seit zwei Jahren. Aber der Anschlag war nicht der erste. Vor annähernd vierzehn Monaten hätten bis heute unbekannte Täter einen Brandsatz in das Geschäft geschleudert, erzählte der Betreiber gestern der taz. Der Schaden sei so groß gewesen, daß der Imbiß von Grund auf hätte renoviert werden müssen.

Gestern sah es kaum besser aus. Die Wucht der Explosion hatte sämtliche Scheiben zersplittert. Dort wo einst das Schaufenster war, gähnt ein großes Loch, das notdürftig mit einer Preßspanplatte geflickt ist. Die Frontscheibe der als Verkaufstresen genutzten Kühlvitrine ist herausgebrochen, die Salate sind mit glitzernden Scherben gespickt. Die gläsernen Rahmen der Poster an den Wänden sehen so aus, als seien sie mit Steinen bombardiert worden. Aus dem Scherbenhaufen am Boden fischt der Geschäftsinhaber kleine schwarze Kügelchen und rollt sie auf der Handfläche herum: „Die müssen in der Bombe gewesen sein, die liegen hier überall herum“, deutet er auf den demolierten Pizzaofen, dessen untere Klappe und Innereien in Stücke zerbrochen sind. Bei der Frage, wer den Anschlag verübt habe, zuckt der Mann mit den Achseln. „Ich weiß es nicht“, antwortet er wortkarg. Er sei nicht politisch aktiv und habe seines Wissens auch keine Feinde, sagt er und bittet um Verständnis für die Zurückhaltung, denn er habe noch nicht einmal Gelegenheit gehabt, mit der Polizei zu sprechen.

Die von einer Nachrichtenagentur geäußerte Vermutung, die stalinistische Kadergruppe „Klasse gegen Klasse“ stecke hinter dem Anschlag, sei jedoch vollkommen abwegig. „Hier bei mir doch nicht“, wandern seine Augen durch den winzigen Laden. Ob er weitermacht? „In zwei bis drei Wochen gibt's wieder Pizza.“

Die Explosion war so heftig, daß im Döner-Imbiß „Avci“ auf der anderen Straßenseite die Scheiben zitterten. Der türkische Verkäufer vermutet als Tatmotiv einen palästinensischen Familienstreit: „Die sind noch härter drauf als wir“, meint er. Den Satz nimmt er jedoch gleich wieder zurück, nachdem ihm der Handgranatenanschlag in der Wohnung einer türkischen Familie eingefallen ist. plu