Kopfgeld für „Toupet“-Schneider

Eine deutsche Bank hat eine Million Dollar Belohnung für die heiße Spur zu Jürgen Schneider ausgelobt / Hauptversammlung von Centralboden entlastet Vorstand und Aufsichtsrat nicht  ■  Von K.-P. Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) – Der Mann mit dem Toupet wird seinen Tequilla auf den Bahamas oder in Paraquay nicht mehr ganz so entspannt wie in den Wochen zuvor genießen können: Seit dem Himmelfahrtstag sind nämlich professionelle Kopfgeldjäger für ein paar Dollar mehr – exakt eine Million US-Dollar – hinter dem untergetauchten Immobilienlöwen Jürgen Schneider und seiner Gattin her. Die Belohnung für die heiße Spur, die den Zielfahndern des Bundeskriminalamtes via Interpol den Zugriff auf den untergetauchten Bankrotteur ermöglichen soll, wurde von einer „großen deutschen Bank“, die nicht genannt werden will, in Paraquay ausgelobt. Das bestätigte gestern der Leiter von Interpol Paraguay, Trinidad Ruiz Dias. Nach bislang vorliegenden Informationen soll das Ehepaar Schneider mindestens 242 Millionen Mark über eine Bank in London nach Nassau auf den Bahamas transferiert haben.

Bei einer „großen deutschen Bank“ wurde inzwischen der Vorstandsvorsitzende vom Aufsichtsrat für eine Äußerung in Zusammenhang mit der Affaire um die Kreditvergabepraktiken der Bank an Schneider intern „gerügt“. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Hilmar Koppers, bekam den Zorn der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu spüren, weil er die Kredite der Deutschen Bank an Schneider in Höhe von 1,2 Milliarden Mark auf einer Pressekonfernz als „Peanuts“ bezeichnet hatte. Für Gerhard Renner, den Vertreter der DAG im Aufsichtsrat, war das eine „schlimme Entgleisung“, denn mit den 1.200 Millionen Mark hätte man die Gehälter aller Bankangestellten locker um ein paar Prozentpunkte aufstocken können. Doch zu personellen Konsequenzen im Zusammenhang mit der dubiosen Kreditvergabepolitik der Deutschen Bank konnte sich der Aufsichtsrat nicht durchringen. Auch Renner, der die außergewöhnliche Sondersitzung von Vorstand und Aufsichtsrat beantragt hatte, gab sich nach der Sitzung „zufrieden mit dem, was ich gehört habe“. Weit weniger zufrieden dürften die Aktionäre der Deutschen Centralbodenkredit AG mit dem Verlauf der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin gewesen sein. Der Vorstand der legitimen Tochter der Deutschen Bank strich – im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat – den zur Abstimmung anstehenden Tagesordnungspunkt „Entlastung von Vorstands- und Aufsichtsrat“ schlicht von der Vorlage der Aktionäre. Begründet wurde die exorbitante Attacke auf die Tagesordnung mit den noch laufenden internen Sonderprüfungen bei Centralbodenkredit im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an die Firmengruppe Schneider. Die Aktionäre wurden anschließend mit einer satten Dividende von 16,50 pro Aktie ruhiggestellt. Im Aufsichtsrat der Centralbodenkredit sitzen zwei Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank: Georg Krupp und Jürgen Krumnow. Und die Deutsche Bank hält 93,7 Prozent des gezeichneten Kapitals von Centralboden. In Wiesbaden kündigten die hessische Justizministerin Christine Hohmann-Dennhardt und Finanzminister Ernst Welteke (beide SPD) derweil an, daß die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Amtsgericht Königstein unter anderem um zwei Staatsanwälte, einen Richter sowie einen Rechtspfleger und einen Wirtschaftssachbearbeiter verstärkt werden, um den Fall Schneider zu bearbeiten.