Übergabe der Autonomiegebiete in vollem Gang

■ Unter dem Jubel der Bewohner rückt Palästinenser-Polizei im Gaza-Streifen und in Jericho ein / Abzug der israelischen Truppen soll am Mittwoch beendet sein

Allenby-Brücke/Deir Al-Balah/ Jerusalem (AP/AFP) – Der Abzug der israelischen Armee aus den Autonomiegebieten Gaza-Streifen und Jericho geht voran. Die neue palästinensische Polizei ist dabei, sich zunächst in der Stadt am Jordan und im südlichen Gaza- Streifen zu etablieren. Ein Fahrzeug mit einer Anzahl Polizisten überquerte gestern von Jordanien kommend die Allenby-Grenzbrücke in Richtung Jericho. Rund 300 weitere Polizisten sollten bis zum Abend folgen. Bereits am Mittwoch hatten Polizisten im Gaza-Streifen erste Posten bezogen. Weitere Abteilungen mit über 700 Mann werden bis heute in beiden Gebieten erwartet.

Der vor anderthalb Wochen vom israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin und dem Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Jassir Arafat, in Kairo unterzeichnete Autonomieplan wurde vorgestern nach achtstündiger Debatte vom israelischen Parlament mit 52 Stimmen ohne Gegenstimme gebilligt, da die Opposition den Saal unter Protest verlassen hatte. Eine Befragung des Parlaments wäre laut Gesetz nicht notwendig gewesen, ist bei wichtigen Fragen aber üblich.

Laut Kabinettsbeschluß soll der Abzug der israelischen Truppen aus Jericho und den dichtbevölkerten Teilen des Gaza-Streifens bis Mittwoch nächster Woche beendet sein. Wie Umweltminister Jossi Sarid in Jerusalem zu Journalisten sagte, soll Jericho und der südliche Teil des Gaza-Streifens bereits heute in die Selbstverwaltung entlassen werden. Der Nordteil hingegen solle den neuen palästinensischen Verwaltungsorganen bis Mittwoch nächster Woche übergeben werden.

Die Bevölkerung der Autonomiegebiete reagierte mit unbändiger Freude auf die Ankunft ihrer eigenen Ordnungsmacht. In der Gemeinde Deir Al-Balah im Gaza-Streifen, die aus einer Stadt mit 20.000 Einwohnern und einem Flüchtlingslager mit 13.000 Bewohnern besteht, stürmten Menschen aus Begeisterung über das Ende der israelischen Besatzung das Gebäude der Polizeitruppe. Es kam zu Handgemengen, bei denen ein UNO-Vertreter verletzt wurde. Die Polizeistation wurde zeitweise von herbeigeeilten „Fatah-Falken“ geräumt, die in die Luft schossen.

In Tunis setzte PLO-Chef Jassir Arafat gestern die Beratungen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrates für die Autonomiegebiete fort. Die frühere Sprecherin der palästinensischen Delegation bei den Nahost-Verhandlungen in Washington, Hanan Aschrawi aus der Westbank, und der stellvertretende Vorsitzende der Delegation, Saeb Erakat aus Jericho, lehnten Angebote Arafats ab, in der neuen Führung mitzuarbeiten. Faisal Husseini hingegen, der frühere Koordinator der palästinensischen Verhandlungsdelegationen und führender Politiker aus den besetzten Gebieten, ist an den äußerst heiklen Verhandlungen in Tunis beteiligt.