Leider dumm -betr.:"Return to spender", taz vom 11.5.94

„Leider dumm“ ist nicht der studentische Protest gegen die Jubiläumsfeierlichkeiten, sondern die Berichterstattung der taz (...).

Kaija Kutter ist bekannt, daß sich die studentischen Proteste gegen das von der Universitätsleitung geplante unkritische und anbiederische Jubelprogramm richten (...), das die Bildungsmisere an der Universität verschweigt (...). Um so peinlicher erscheint es, daß der für dieses Programm verantwortliche Präsident als Kämpfer für die Universität dargestellt wird, obwohl (...) dieser Präsident nicht nur von den Studierenden als zu duckmäuserisch vor seinen politisch verantwortlichen Genossen angesehen wird. (...) Neben zahlreichen Fachschaften (...) hat auch der AStA einen Boykott der Jubiläumsveranstaltung beschlossen (...). Diesen Protestnoten bestenfalls 15 Zeilen zu widmen, dem Präsidium breiten Raum für seine Vorstellungen vom Feiern für die politischen Verantwortlichen einzuräumen und die studentischen Protestaktionen vom 10. Mai auf „Farbeier“ auf Herrn Greve zu reduzieren, zeugt nicht von sauberer journalistischer Arbeit. (...)

Von einer kritischen Journalistin erwarten wir, daß sie sich zumindest die Frage stellt, warum die Pressekonferenz zu den Flügelbauten just anderthalb Stunden vor der Einweihung des disfunktionalen Campus-Klotzes abgehalten wurde. Sollte da nicht aus wütenden, protestierenden Studierenden eine Beifall spendende Masse von Groupies gemacht werden? Was mag Herrn Greve bewogen haben, der Universität zu diesem Zeitpunkt die Flügelbauten zu schenken? Vielleicht die bittere Feststellung, daß aufgrund des studentischen Protestes das Freizeit-Emporium nicht zum Denkmal des sozialen Engagements, sondern zum Schandmal wurde und er nun etwas tiefer in die Tasche greifen mußte, um sich zum Helden zu machen? (...) Woher mag das Geld des Herrn Greve kommen: bei wievielen BürgerInnen dieser Stadt ist es abgeschöpft worden?

Die Finanzierung von Bildungseinrichtungen ist Aufgabe des Staates, erfüllt er diese Aufgabe nicht, ist es auch Pflicht der Universität, dazu beizutragen, daß er seinem Auftrag nachkommt. Eine Universität, die vom Wohlwollen der Wirtschaft abhängig ist, dürfte nicht in der Lage sein, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme einen angemessenen Beitrag zu leisten. In der Vergangenheit haben mehrere Studierendengenerationen wichtige Bauvorhaben direkt mitfinanziert, so den alten Uni-Sportplatz und das Studierendenhaus. Selbstinitiative kann auch heute ein Ausweg sein. (...)