Kommentar: „Demokratie-Feinde“
■ Keine Diskussion mit Andersdenkenden
Eine ganz normale Wahlveranstaltung in Deutschland: Die Menschenansammlung wird von ein bißchen Spektakel angezogen, zu den FDP-Plakaten gesellen sich plötzlich Transparente für und gegen alles mögliche – gestern auf dem Marktplatz für die Freilassung von Irmgard Möller, gegen Abschiebungen, das PKK-Verbot – es folgen die PolitikerInnen, und während das gemeine Volk geht, packen die DemonstrantInnen gemächlich Trillerpfeifen, Eier, und ihre geballte Wut über irgendwas aus und beginnen mit ihrer Party.
„Der liberale Außenminister“ – Pfiffe, „Wirtschaftskraft“ – Pfiffe, „Arbeitslosigkeit bekämpfen“ – Geschrei, „doppelte Staatsbürgerschaft“ – gellende Pfiffe, „Toleranz“ – höhnisches Gelächter. Die ohne Mikrofon versuchen's mit Lautstärke, die mit Mikro mit gedämpft zynischen Sprüchen. So weit, so gut, die Show. Doch was ist das? Der Kandidat Georgios Chatzimarkakis geht auf die SchreierInnen zu – redet mit mir über das, was ihr wollt, ist sein nahezu flehentliches Signal. „Ihr Scheißliberalen“, hört er sich an, wirbt um die verbale Auseinandersetzung, – er erntet bloß Gelächter.
Ddoch an dem Punkt, wo Demokratie anfangen könnte Spaß zu machen – nämlich bei einer angeregten Diskussion – kneifen die EierwerferInnen. Kein Interesse, is' doch eh' alles Bockmist. Vorbei ist die Party. Und dem Liberalen bleibt bloß noch die Bemerkung: „Ihr seid Feinde der Demokratie.“ So funktioniert sie ganz bestimmt nicht. Susanne Kaiser
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