... und Beleuchtung hat das Rad auch nicht

■ Die Fundsachen-Versteigerung bei der Polizei garantiert noch lange kein Schnäppchen

Berlin-Charlottenburg, Wintersteinstraße 22: In der Halle des etwas zurückgesetzten Auktionshauses soll wie an jedem letzten Dienstag im Monat ab zehn Uhr eine Versteigerung von Fundsachen stattfinden. Ich bin schon um neun Uhr da – und keineswegs allein. Schon seit acht Uhr drängeln sich Interessierte um rund 200 Fahrräder, die so dicht aufgehängt sind, daß eine nähere Betrachtung ausgeschlossen ist.

Viele der Anwesenden scheinen wie ich zum ersten Mal dazusein, schreiben sich die Nummern einzelner Fahrräder auf, stellen Fragen nach dem weiteren Vorgehen. Doch schon früh ergreift der erfahrene Profi vom Auktionshaus das Wort: Mindesteinsatz sind fünf Mark, ab 100 Mark aufwärts geht's dann nur noch in Zehnereinheiten. Bezahlt wird gleich, danach die Ware ausgehändigt.

Die Spannung ist atemberaubend, zumal sich die Angestellten trotz mieser Luft im Saal nicht davon abbringen lassen, die Tore zu schließen – vielleicht beschleunigt der akute Sauerstoffmangel manche Entscheidung. Nach 20 Minuten sind die meisten der rund 30 Mopeds und Motorräder weg. In den Preisen zunächst zurückhaltend, gehen die ersten Räder über den Tisch. Stimmung und Preise klettern erstmals bei den Mountainbikes über die 400-Mark- Grenze. Die wenigen Damenräder kosten zwischen 100 und 300 Mark.

Flott, flott werden fünf Mark auf fünf Mark gelegt, und dann kommen die Zehner drauf; gelegentlich wird gleich mit Hundertern angefangen. Wie oft der „Auktionär“ „zum ersten, zum zweiten“ stammelt und nach der entsprechenden Effekt-Pause das „zum dritten“ mit Hammerschlag besiegelt, wird von den Anwesenden sicherlich nicht gezählt. Blicke und Sinne sind auf die Objekte gerichtet, die auf einem Tisch präsentiert werden.

Daß meistens „die Katze im Sack“ gekauft wird, ist erst nach der Aushändigung sichtbar. Ein stabiles, belastbares und vor allem diebstahlungefährdetes Vehikel wollte ich. Ein bunt lackiertes, wackliges, ächzendes Fahrrad ist nun meines. Daß auch keinerlei Beleuchtung dran ist, sehe ich erst draußen im hellen Sonnenschein. Die Realität hat mich wieder. Gab es wirklich kein besseres Rad? Sind die bezahlten 130 Mark nicht zuviel? Schwer muß ich in Zukunft in die Pedale treten, das merke ich schon auf dem Heimweg. Die ausgegebene Summe hält sich in Grenzen, dessen werde ich mir bewußt, als ich mir ein Schloß kaufe: Mit der Hälfte des Fahrradpreises bin ich dabei. Anna Gerstlacher