Paßentzug und Knast

■ Italiens Ermittler setzen alte Politikergarde erneut unter Druck

Rom (taz) – Italiens Strafermittler in Sachen „Saubere Hände“ fahnden weiter: Am Donnerstag nachmittag wurde mit Giovanni De Lorenzo erstmals ein Minister aus der vorletzten Regierung verhaftet – gegen den Liberalen Biologieprofessor liegen 67 Anklagepunkte vor, er soll an die 18 Millionen Mark eingenommen haben.

Am selben Tag verfügten Untersuchungsrichter der Mailänder Antikorruptionskommission den Einzug des Reisepasses von Bettino Craxi, ehemaliger Vorsitzender der Sozialistischen Partei und langjähriger Ministerpräsident, sowie dessen Stellvertreters Claudio Martelli, der zwei Jahre Justizminister war. Die beiden sollen, neben Dunkelmännern wie dem Chef der Geheimloge „Propaganda 2“, Licio Gelli, Anfang der 80er Jahre bei der später pleite gegangenen Banco Ambrosiano abgesahnt haben – sieben Millionen Dollar über ein Schweizer Bankkonto. Craxi und Martelli bestreiten: Es habe sich um eine „freiwillige Zuwendung“ des – später erhängt aufgefundenen – Chefs der Bank, Roberto Calvi, gehandelt. Doch erstens war die Bank damals schon sehr klamm und hatte von einer Staatsholding einen 50-Millionen- Dollar-Kredit erbettelt. Zweitens hatten alle Angeschuldigten jahrelang sogar die Existenz des Kontos bestritten – bis sich das Gegenteil herausstellte.

Der neue Regierungschef Berlusconi gerät in Schwierigkeiten. Er hatte Craxi, der seine Wähler zur Partei des Medienzaren umgeleitet hatte, eine baldige „Erledigung“ der „Nachstellungen“ durch die Justiz zugesagt. Andererseits hat die Zwangsmaßnahmen ausgerechnet Staatsanwalt Di Pietro durchgesetzt – der Mann, von dem Berlusconi behauptet hatte, er wolle ihn unbedingt als Innenminister in sein Kabinett aufnehmen. Werner Raith