Einigung über Abriß der Paldiski-Reaktoren

■ Westen bezahlt, russische Experten reißen die beiden Reaktoren in Estland ab

Stockholm (taz) – Bis Ende nächsten Jahres sollen die beiden Atomreaktoren auf der ehemaligen russischen Marinebasis im estnischen Paldiski abgerissen sein. Noch in diesem Jahr soll aller Kernbrennstoff aus den Reaktoren entfernt und nach Rußland geschafft werden. Auf diesen Zeitplan einigten sich am Mittwoch und Donnerstag die Mitglieder der gleichzeitig aus der Taufe gehobenen „Paldiski International Expert Reference Group“ (Pierg), bei ihrem ersten Treffen in Stockholm. Die ehemals streng geheime U-Boot-Ausbildungsbasis von Paldiski mit ihren beiden „Lernreaktoren“ gilt heute in den Ostseeanrainerstaaten als Strahlengefahr ersten Ranges.

Die auf 100 bis 200 Millionen Mark geschätzten Kosten für den Abriß der Reaktoren werden daher vorwiegend von den westlichen Pierg-Mitgliedern finanziert werden.

Wie der Pierg-Vorsitzende, Jan Olof Snihs von der staatlichen schwedischen Strahlenschutzbehörde, mitteilte, hat man sich auf einen Abriß der Reaktoren ausschließlich durch russische Techniker deshalb geeinigt, weil diese die beste Kompetenz hätten, diese Arbeit durchzuführen. Die russischen Militärs haben sich darüber hinaus strikt geweigert, Experten aus dem Westen auch nur als Beobachter zu akzeptieren, da Teile des Anlage nach wie vor als Militärgeheimnis gelten. Die von dem Konteradmiral des russischen Marinestabes Wladimir Urywsk, Alexander Olchowikow, geführte russische Delegation bezeichnete den geplanten Abriß als technisch sicher durchführbar. Es würden Experten eingesetzt, die schon lange mit den Reaktoren gearbeitet hätten.

Problematisch scheint die Endlagerung der Reaktoren selbst zu sein. Vom russischen Kernforschungsinstitut Vnipiet in St. Petersburg waren verschiedene Lösungsmöglichkeiten präsentiert worden. Am aussichtsreichsten gilt ein Vorschlag, wonach die Reaktortanks in Beton eingegossen und dann abtransportiert werden sollen.

Rußland sähe es gern, wenn sich auch die Pierg-Länder an der „Entsorgung“ des Atommülls beteiligen würden. Doch dazu bestand offenbar bei den Pierg-Mitgliedsländern – neben Rußland und Estland gehören Schweden, Finnland, Deutschland, die USA, die EU-Kommission und die IAEA zur Pierg – keine Bereitschaft. Reinhard Wolff