Rau kontert Herzog

■ Für doppelte Staatsbürgerschaft

Berlin (taz) – Zehn Tage vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten hat der inoffizielle Wahlkampf um den höchsten Posten der Republik jetzt doch noch ein Thema bekommen. Ohne den Konkurrenten Roman Herzog zu erwähnen, meldete sich Johannes Rau gestern mit einer eindeutigen Position zu Wort: Er sei, so sagte er im Gespräch mit der Berliner Zeitung, bereits seit längerem für die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft. Wer auf Dauer in Deutschland lebe oder als Kind dauerhaft hier lebender Eltern zur Welt gekommen sei, der solle „nicht nur bei uns Gastrecht, sondern als Mitbürger und Mitbürgerin die gleichen Rechte und Pflichten haben“, sagte Rau. Das Angebot einer doppelten Staatsbürgerschaft mache Sinn: „Ich meine, hier müßte man Türen öffnen, und zwar im Interesse der hier lebenden Ausländer als auch der Deutschen.“ Herzog war jüngst mit einer eindeutigen Stellungnahme gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und einer Aufforderung an alle ImmigrantInnen, sich entweder einbürgern zu lassen oder nach Hause zu gehen, unangenehm aufgefallen. Die Äußerungen Herzogs hatten in der FDP für Unmut gesorgt, die für die doppelte Staatsbürgerschaft eintritt. Innenminister Kanther sprang seinem Parteifreund Herzog gestern zur Seite und erklärte, eine doppelte Staatsbürgerschaft komme „nicht in die Tüte“. Ein Rechtsanspruch auf doppelte Staatsbürgerschaft sei „mit der CDU nicht zu machen“.

Die taz porträtiert heute die beiden Hauptkonkurrenten um die Nachfolge Richard von Weizsäckers unter den Stichworten: „Versöhnler mit Machtwillen“ und „Ambivalenz als Regierungsprogramm“. Siehe Seiten 14 und 15