Stadtplanung von klugen Leuten

■ Bremen hält sich jetzt einen Stadtplanungsbeirat

Wie andere TouristInnen hat auch Carl Fingerhuth aus Basel eine besondere Riecherfahrung in Bremen gemacht: Als er, tief beglückt vom Wandeln durch die Böttcherstraße, die Martinistraße unterquerte, „da schmeckte es in dem Tunnel so ein bißchen nach Urin“. Im Unterschied zu anderen TouristInnen ist Carl Fingerhuth Architekt und war jahrelang Kantonsbaumeister von Basel. Und seit letzter Woche sitzt er in einem BeraterInnengremium für Bausenatorin Lemke-Schulte und Stadtentwicklungssenator Fücks. Das heißt, der Mann hat Einfluß. Das heißt, mit dem Geschmäckle unter der Martinistraße könnte es vielleicht ein Ende haben.

Allerdings wissen wir BremerInnen schon lang von dem Geschmäckle, und es haben sich auch schon allerlei GutachterInnen den Kopf darüber zerbrochen, wie man dort Abhilfe schaffen könnte. Zuletzt Professor Schnüll aus Hannover in einem teuren Gutachten. Der riet, die FußgängerInnen nach oben zu holen und die Martinistraße zu beruhigen. Genützt hat sein Raten bislang noch nichts. Denn die verschiedenen Regierungsparteien und die Kaufmannschaft werden sich einfach nicht einig.

Warum dann dieser Beirat? Darf er doch nichts entscheiden, sondern soll das städteplanerische Tun und Lassen der beiden Ressorts nur „kritisch begleiten“. Doch beim ersten Treffen vergangene Woche und nach einer Stadtrundfahrt mit den Stationen Weidedamm II, Innenstadt, Europahafen und Technologiepark/Uni waren die neun Sachverständigen und ein Künstler noch ganz zuversichtlich, was ihre Wirkungsmacht betrifft: Oft lasse sich durch eine leichte Verschiebung der Sichtweise einiges wieder in Bewegung bringen, sagte etwa Ingeborg Flagge, Chefredakteurin der Zeitschrift „Architekt“, und bezog sich dabei auf die beiden widerstreitenden Innenstadtkonzepte.

Konkreteres war den vier heimischen Fachleuten (darunter der Stadtsoziologe Thomas Krämer-Badoni und der Präsident der Architektenkammer Wilfried Turk) und den fünf Auswärtigen (darunter die Münchner Hochschullehrerin und Landschaftsplanerin Donata Valentin und der Architekturprofessor Max Bächer aus Darmstadt) nicht aus der Nase zu ziehen. Als Arbeitsergebnis stellen sie sich irgendwas zwischen dem oberflächlichen Statement eines Eingeflogenen und der halbjährigen Wühlarbeit eines Wissenschaftlers vor.

Nur soviel: Professor Fingerhuth aus Basel war sehr angetan von der Teerhof-Bebauung, die würde man sicher in hundert Jahren unter Denkmalschutz stellen, hingegen die Londoner Docklands nicht. Mitte Juli will man sich erneut treffen und eine klare Empfehlung bezüglich der Martinistraße abgeben. cis