■ Die Eko-Privatisierung scheitert am Faktor Mensch
: Selbstverwaltete Werkbank

Nun sind ihn die Eisenhüttenstädter endgültig losgeworden: den verhaßten ausländischen Kapitalisten Emilio Riva. Aufsichtsrat, Management und Belegschaft von Eko-Stahl haben sich in verblüffender Einigkeit gegen die Treuhandanstalt durchgesetzt, indem sie Riva schlicht hinausekelten. Die Verhandlungsführer der Treuhand, allen voran Präsidentin Birgit Breuel, haben während der komplizierten Abstimmungsprozesse zwischen Eisenhüttenstadt, Mailand und Brüssel zwar ein schlüssiges Unternehmenskonzept auf den Weg gebracht, aber das Wichtigste ignoriert: die Menschen, die das Konzept gemeinsam hätten umsetzen müssen.

Auf der einen Seite stand der Unternehmer Riva, der seinen Stahlkonzern als patriarchalisches Familienunternehmen führt, dabei Entscheidungen am liebsten alleine trifft, aber im Falle von Schwierigkeiten auch väterlich zu seiner Verantwortung steht. Auf der anderen bunkerten sich die Arbeiter gemeinsam mit dem Management in ihrem zu DDR-Zeiten geprägten Elite-Bewußtsein ein und forderten das, was ein Unternehmer wie Riva nie akzeptieren würde: Mitsprache auch bei der Umsetzung von Entscheidungen.

Verloren haben nun beide Seiten: Riva die Chance, ein Stück vom deutschen Stahlmarkt zu erobern, um im Euro-Binnenmarkt eine stärkere Position einzunehmen, und die Eisenhüttenstädter die Aussicht, daß ihr unvollendetes Stahlwerk endlich mit der fehlenden Warmbreitbandstraße komplettiert wird. Als lachende Dritte können sich die westdeutschen Stahlbosse die Hände reiben: Sie, denen die Existenz von Eko immer lästig war, sind nun als Retter gefragt. Anders als Riva, der sein Konzept der subventionierten Erweiterung in Brüssel genehmigt bekam, werden sich die Manager von der Ruhr genüßlich darauf zurückziehen, daß sie den Ausbau von Eko in Brüssel nicht durchsetzen können – und sich darum langfristig die Stahlproduktion an der polnischen Grenze nicht lohnt.

Das gemeinsame Ziel „Riva raus“ ist erreicht. Nun ist das Bündnis zwischen der Eko-Belegschaft, der es um Mitbestimmung im Schrumpfprozeß geht, und dem Eko-Aufsichtsrat, der einen Investor aus Westdeutschland will, zwangsläufig am Ende. Die Treuhand muß sich entscheiden: Macht sie mit dem Verkauf von Eko an einen der westdeutschen Stahlkonzerne den Bock zum Gärtner? Oder geht sie auf die Forderung der Beschäftigten nach einer Belegschaftsbeteiligung ein? Im zweiten Fall hätten die neuen Eigentümer wenigstens ein Interesse am Erhalt ihres Stahlwerks. Sie wären allerdings weiter abhängig von den Fertigungsaufträgen aus Westdeutschland, die bereits heute die Bücher füllen. Eine verlängerte Werkbank also der Ruhrkonzerne – aber in Selbstverwaltung. Donata Riedel