Eko-Investor dringend gesucht

■ Der italienische Stahlbaron Riva ist endgültig abgesprungen / Treuhand will nicht aufgeben / Westdeutsche Stahlkonzerne feixen / Riva engagiert sich lieber bei Privatisierung in Italien

Berlin/Rom (taz/dpa/AP) – Der Versuch, Eko-Stahl in Eisenhüttenstadt zu privatisieren, gleicht einer Sisyphusarbeit. Nachdem der italienische Riva-Konzern am Freitag melden ließ, daß der Vertrag endgültig gescheitert und eine neue Debatte ausgeschlossen sei, sucht die Treuhand wieder nach einem Investor. Das tut sie schon seit vier Jahren – und die westdeutschen Stahlkonzerne haben ihr dabei das Leben immer wieder schwer gemacht. Aus gutem Grund: Sie wollten den Konkurrenten aus dem Osten möglichst loswerden.

So hält sich, trotz des heftigen Dementis der Treuhand, auch das Gerücht, der Eko-Aufsichtsratsvorsitzende Otto Gellert habe hinter den Kulissen für das Scheitern des Einstiegs von Riva gesorgt. Der Wirtschaftsberater aus Hamburg sitzt schließlich auch bei Krupp im Aufsichtsrat – eine Firma, die der Treuhand schnell das Stahlwerk in Oranienburg abkaufte, um es im letzten Jahr zu schließen. Bei Krupp gibt es, genau wie bei Thyssen, kein Interesse daran, die Konkurrenz jenseits der Elbe zu erhalten.

Zwar hat Thyssen Stahl melden lassen, es sei zu neuen Gesprächen bereit. Bisher aber ist unklar, ob es sich dabei um eine Neuauflage des alten Plans handelt, der den Standort in Eisenhüttenstadt zu einer verlängerten Werkbank machen wollte und von vielen als Abwicklungskonzept eingeschätzt wurde.

Die Crux des Stahlkombinats Eko besteht nicht nur darin, daß der alte Hochofen nicht rentabel arbeitete, sondern vor allem in der fehlenden Warmbreitbandstraße. Vor der Wende wurde diese produktionstechnische Lücke dadurch geschlossen, daß der Eko- Stahl in Krupp-Werken in Westdeutschland gewalzt wurde. Die Treuhand drängte darauf, einen Investor zu finden, der die Milliardeninvestition nachholen wollte. Aber das Konsortium aus Thyssen Stahl, Stahlwerke Peine-Salzgitter und der niederländischen Hoogovens Groep BV wollte lediglich die Endverarbeitungsstufe Kaltwalzwerk erhalten und nicht neu investieren.

Krupp bot hingegen zunächst an, den Hochofen durch ein Elektrostahlwerk mit einer Dünnbrammengießwalzanlage zu ersetzen. Dieses Konzept favorisierte die Treuhand, bis sich Krupp im Oktober 1992 zurückzog: Die Warmbandstufe sei nicht zu finanzieren, erklärte der Stahlkonzern vom Rhein. Die Treuhand führte Eko, das mit Altschulden von einer Milliarde Mark belastet ist und jährlich fast 200 Millionen Mark Verluste macht, erst einmal in eigener Regie weiter.

Anfang 1993 wurde dann wieder mit Thyssen/Preussag verhandelt. Mitte des Jahres stand dann Riva auf der Matte. Der italienische Stahlkonzern, der bereits die ostdeutschen Werke Brandenburg und Henningsdorf übernommen hatte, wollte eine ausrangierte Warmwalzanlage bei Eko installieren. Im Oktober beschloß der Treuhandvorstand, Riva den Zuschlag zu geben. Nun begannen langwierige Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über die Subventionen. Im März dieses Jahres stimmte die EU unter Auflagen der Privatisierung zu, Riva sollte Eisenhüttenstadt am 1. Mai übernehmen. Voraussetzung für die Genehmigung der milliardengroßen Finanzspritze aus Bonn sollte allerdings sein, daß andere Stahlkapazitäten in Ostdeutschland abgebaut würden.

Doch bis zuletzt traten Probleme auf. Vordergründig wurde der Streit zwischen Firmenchef Emilio Riva und der IG Metall um die Besetzung des Aufsichtsrates ins Feld geführt. Die Gewerkschaft wollte den SPD-Politiker Hans Apel, Riva wollte keinen „arbeitnehmerfreundlichen“ deutschen Arbeitsdirektor.

Mit einer gewissen Schadenfreude Marke „Auf die sind wir doch nicht angewiesen“ kommentiert Italiens Wirtschaftspresse das Scheitern des Vertrags. Die italienischen Medien gehen von einer nun mit großer Wahrscheinlichkeit drohenden Schließung von Eko- Stahl aus – und berichten auch süffisant, wem das dann zuzuschreiben ist: „Riva mag nun wohl das privatisierte Stahlwerk von Terni kaufen“. Das fällt nämlich nicht mehr unter die in Brüssel beschlossenen Quotierungen der Produktionsmenge.

Weiterhin ausschlaggebend für den Absprung Rivas von Eko war wohl auch, daß sich „die Seilschaft zum Erwerb des Werkes (von Terni) nicht nur um die italienischen Finanzierungsgruppen Falck und Agarini vergrößert hat, sondern auch die deutsche Krupp AG offenbar mitmacht“, vermutet die größte Wirtschaftszeitung Italiens Il Sole/24 Ore. aje/rai