Kirchenasyl: Kanther droht den Katholen

■ Die Pfarrer seien inkompetent

Mainz (dpa/AFP/taz) – Zwischen Innenminister Manfred Kanther (CDU) und der katholischen Kirche hat sich der Streit ums Kirchenasyl verschärft, mit dem zahlreiche Gemeinden Flüchtlinge vor Abschiebung schützen. Kanther warnte die Kirchen vor weiteren „Rechtsbrüchen“ und sprach ihnen „ausdrücklich das Recht ab“, abzuschiebende Asylbewerber der Justiz zu entziehen. „Ein Sonder-Kirchen-Asylrecht besteht nicht“, sagte Kanther dem Springerblatt Welt am Sonntag. Der Mainzer Bischof Karl Lehmann hingegen hält es durchaus für rechtmäßig, sich „nach gewissenhafter Prüfung“ gegen staatliche Anordnungen zu stellen und Flüchtlinge vor Abschiebung zu schützen. Im Spiegel- Interview wandte sich der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz auch gegen die Behörden, weil sie „die einzelnen Fälle recht schematisch behandeln“. Bundesweit sollen sich rund 200 Gemeinden beider Konfessionen bereit erklärt haben, Asylsuchende aufzunehmen. Nach seiner Kenntnis, so Lehmann, gebe es „in keinem Fall leichtfertiges Handeln“. Einzelne Bürger, die unmittelbaren Kontakt zu einem Flüchtling hätten, könnten „im Einzelfall besser beurteilen, ob Abschiebung eine reale Gefahr darstellt“.

Zu den Drohungen von Kanther und der Landesinnenminister, auch mit Polizeigewalt gegen Gemeinden vorzugehen, meinte Lehmann, die Polizei habe zwar Zutritt zu Kirchenräumen, wenn sich von ihr gesuchte Menschen dort aufhielten. Es stelle sich jedoch die Frage, „ob eine solche Handlung sittlich vertretbar“ sei. „Ich glaube, daß es Situationen geben kann, in denen jemand um eines höheren Gutes willen gegen die bestehenden Regelungen verstoßen muß.“

Beim Innenministerium heißt es hingegen: „Die Berufung auf angebliche moralische oder sittliche Überzeugungen berechtigt in einer freiheitlichen Demokratie nicht zum Rechtsbruch.“ Es bleibe „unerfindlich“, woher Pfarrer die Kompetenz nähmen, über bessere Kenntnisse zu verfügen als zuständige Behörden.