„Wir drei“ gegen den Ampel-Apparat

■ Heck, Kühl und Motzko - Wählergemeinschaft gegen den Zentralismus

Unzufriedenheit bei der Bevölkerung. Unzufriedenheit bei den Staatsangestellten „ganz unten“, die nicht zum zentralen Apparat gehören. Unzufriedenheit bei vielen, die sich „vor Ort“ politisch engagieren wollen. Unzufriedenheit an der Basis der Parteien. Unzufriedenheit bis hin zu einem aus dem Senat. Die Zeit ist reif, findet Hucky Heck, Ortsamtsleiter Mitte. Zusammen mit Meinhard Motzko und Holger Kühl, zwei Beiratsvertretern aus Woltmershausen, die 1991 auf offenen Listen der FDP bzw der Grünen gewählt worden waren, gab Heck gestern den Startschuß für eine „Staatsreform an Haupt und Gliedern“. Der Bremer Staatsapparat soll radikal dezentralisiert werden, Demokratie soll gewagt werden - wenn die Parteien dies in der anstehenden Verfassungsreform nicht tun, dann wollen sie bei der nächsten Bürgerschaftswahl 1995 antreten. Wer? „Wir drei“, sagen die drei, eine Wählergemeinschaft in Gründung, zu der dann die vielen Unzufriedenen hinzustoßen werden.

Ansatzpunkt der drei ist die Verfassungsreform. Seit 2 Jahren tagen Parlamentsausschüsse, „das Ergebnis ist eine Farce“, sagt Motzko. Das Bremer Volk soll am 16. Oktober in einer Volksabstimmung beschließen, daß sich an der bremischen Staatsverfassung nichts Wesentliches ändert, außer daß das Volk auf das Vorrecht verzichtet, Verfassungsänderungen in Zukunft selbst zu beschließen. „Das ist ein Mißbrauch des Instrumentes Volksentscheid“, sagt Heck dazu. Und gegen diesen Betrug wollen die drei mobilisieren.

Denn es gäbe vieles zu verändern: Das Landesparlament müßte von 100 auf 51 Abgeordnete, die Landesregierung auf 3-5 SenatorInnen verkleinert werden. Die Verwaltung der Stadt Bremen könnte dann von einem „Magistrat“ geleitet werden, oder gleich ganz wegfallen, wenn Bremen in vier große Bezirke oder besser noch in 10 kleinere „Gemeinden“ aufgeteilt würde, die in etwa den gegenwärtigen Beirats-Bereichen entsprechen. „Dies lassen wir bewußt offen“, sagt Holger Kühl. Da gibt es verschiedene Modelle, die denkbar wären - entscheidend ist das Prinzip: Über kommunale Angelegenheiten sollen die betroffenen Bürger vor Ort entscheiden.

Wie aufgebläht der Verwaltungsapparat Bremen ist, verdeutlichen „wir drei“ mit einem schlichten Vergleich: der Öffentliche Dienst Bremens zählt 40.000 Stellen, Duisburg mit vergleichbarer Einwohnerzahl (520.000) nur 18.000. Die kommunalen Parlamente verlangen, zum Beispiel, keine BerufspolitikerInnen. Auch im Auch im Landesparlament braucht niemand „hauptamtlich“ zu sein. Müllgebühren, Gewerbesteuer oder Grunderwerbsteuer wären Kommunalrecht, die 10 Gemeinden könnten sich natürlich auch freiwillig auf eine gemeinsame Regelung verständigen, sagt Holger Kühl. Und auch der Ärger um Asylbewerber-Unterkünfte gäbe es nicht - jeder Gemeinde würde, wie das auch in Flächenstaaten wie Niedersachsen der Fall ist, vom Land eine entsprechende Zahl zugewiesen. Übergeordnete Interessen etwa im Straßenbau würden von der Landesebene durchgesetzt. Zum Beispiel.

Am Donnerstag will die Ampel-Koalition in der Bürgerschaft ihre Verfassungsreform, die keine ist, in zweiter Lesung behandeln. Notfalls, so Hucky Heck, müssen alle 300 Beiräte gemeinsam zum Protest gegen den falschen Volksentscheid über diese Nicht-Reform aufrufen - „für eine echte Kommunalverfassung und eine radikale Verwaltungsreform“. K.W.