Der Kranich hebt nicht ab

■ Lufthansa steht vor einer strukturellen Reform und Privatisierung

Frankfurt (taz/AP/dpa) – Seine Worte klingen vielversprechend und sind fast so beruhigend wie die Routineansagen der Piloten bei starken Turbulenzen. Die Lufthansa, so Vorstandschef Jürgen Weber, stehe vor einer Umstrukturierung in eine Gruppe kleinerer Einheiten statt des bisherigen monolithischen Blocks. Auch Finanzchef Klaus Schlede versprüht Zuversicht: „Wir rechnen 1994 mit einer schwarzen Null.“

Doch auch im vergangenen Geschäftsjahr flog die Staatslinie weiter in die roten Zahlen. Der Konzern weist für 1993 einen Verlust nach Steuern von 111 Millionen Mark (1992: 373 Mio. DM) aus, die AG steckt mit 92 Millionen (1992: 391 Mio.) in den Miesen. Über die Verluste im reinen Fluggeschäft, die 1992 rund eine Milliarde Mark ausmachten, hüllt sich die Vorstandscrew in Schweigen. Sie sollen aber, so war am Rande der Bilanzpressekonferenz zu hören, um die Hälfte reduziert worden sein.

Das Lufthansa-Syndrom (vergebliche Partnersuche, niedrige Tarife, hohe Kosten) ist jedoch keineswegs gelöst. Schwer zu schaffen macht der drittgrößten Passagierfluglinie und größten Frachtfluggesellschaft der Welt nach wie vor der Preisverfall. So sanken 1993 die Durchschnittserlöse pro Passagier um sechs Prozent, bezogen auf die Sitzkilometer sogar um 11,9 Prozent. Im Frachtbereich flacht der Trend ab: Hier gingen die Erlöse nur noch um 0,8 Prozent zurück.

Wunder sind im Geschäftsleben selten, und deshalb will der oft als „Softie“ bespöttelte Weber sein brutales Sanierungsprogramm weiter durchziehen. Die Kosten seien durch einschneidende Rationalisierungen gesenkt worden, so der Lufthansa-Chef, allein mit dem Abbau von 4.000 Stellen wurden 468 Millionen Mark eingespart. Der zweitgrößte Kostenblock konnte durch die Streichung unrentabler Strecken und logistische Verbesserungen auf dem Niveau von 1992 eingefroren werden.

Der Ausgleich der Vorjahresverluste strapaziert die dünne Kapitaldecke. Die Eigenkapitalquote sank auf 17 (Konzern) beziehungsweise 20 Prozent (AG); die Nettoverschuldung ist fast doppelt so hoch wie das Eigenkapital. An der Börse will sich die Gesellschaft nun eine Finanzspritze von 1,6 Milliarden Mark holen. Es liest sich wie im Schlußverkauf: Nominal soll das Kapital noch in diesem Jahr um Stammaktien im Nennwert von 515 Millionen und um Belegschaftsaktien in Höhe von 50 Millionen Mark erhöht werden. Der Ausgabekurs der neuen Papiere soll bei etwa 160 Mark liegen, rund 20 Prozent unter dem Kurs der alten Aktien. Die Kapitalerhöhung bedeutet gleichzeitig die Privatisierung, da sich der derzeitige Mehrheitsaktionär Bund nicht daran beteiligen wird. es