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Notwehr erfolgreich verhindert

■ Peter Thomaser, Chef des Magdeburger Ordnungsamts, über die poli- zeilichen Vorbereitungen auf den traditionellen rechten „Kampftag“

taz: Herr Thomaser, nach der Randale in Ihrer Stadt haben Sie gesagt: „Ich will nicht das schlimme Wort ,normal‘ verwenden, aber das, was passiert ist, ist nicht außergewöhnlich.“ Meinen Sie das im Ernst?

Thomaser: Derartige gewalttätige Übergriffe haben wir hier in Magdeburg regelmäßig, wie in anderen Bundesländern auch. Trotzdem dürfen wir die Ereignisse vom Donnerstag nicht zu planmäßig vorbereiteten Aktionen hochstilisieren. Sie sind nicht Ausdruck einer typischen ausländerfeindlichen Stimmung in Magdeburg.

Einerseits soll es normal sein, andererseits doch nicht typisch?

Ich will damit ja nur sagen, daß es an allen Himmelfahrtstagen und an vielen Tagen dazwischen gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben hat. Doch daß es zu diesen Auseinandersetzungen mit Ausländern kam, ist zufällig. Die seit Jahren praktizierte Jugendarbeit, auch mit Rechten, hat trotz einer riesigen Asylunterkunft mitten in der Stadt Früchte getragen.

Das Flüchtlingswohnheim ist also eine Zumutung?

Nein, aber eine Belastung. Es ist zur Zeit der Krawalle in Rostock entstanden. Wir haben uns damals gefragt, ob das wohl gutgeht. Aber das Zusammenleben hat wunderbar funktioniert. Die Polizei hat sogar verhindern können, daß in dem Heim mobilisiert wird; denn natürlich ist Unruhe entstanden, als diese Leute hörten, in der Stadt würden ihre Leute massakriert.

Mit anderen Worten: Während Ausländer von Rechten durch die Stadt gehetzt wurden, hat die Polizei ihr Augenmerk auf ein mögliches Gewaltpotential unter den Flüchtlingen gelegt...

Zu diesem Zeitpunkt war doch längst Ruhe. Aber es gibt in Magdeburg auch sehr starke Gruppen, die sich für Ausländer einsetzen. Und da bestand doch weiterhin die Gefahr der Konfrontation. Sie haben vorhin selbst gesagt, es sei am Himmelfahrtstag immer wieder zu Randale gekommen. Außerdem gab es Hinweise vom Verfassungsschutz, daß in der Szene für diesen Tag mobilisiert wurde. Warum war die Polizei so schlecht vorbereitet, wo doch Magdeburg dafür bekannt ist, daß sich dort verschiedene rechte Gruppen – Hools, Faschos, Skins – immer mal wieder vernetzen, um gemeinsam loszuschlagen?

Es hat immer Auseinandersetzungen gegeben, schon zu DDR- Zeiten. Aber die Polizeikräfte mußten an dem Tag doch über die ganze Stadt verteilt werden, es hätte überall explodieren können. Bei der Polizei hat es kein Defizit gegeben, und von irgendwelchen Warnungen war mir nichts bekannt. Es wäre die verdammte Pflicht einer jeden Behörde gewesen, solche Hinweise weiterzuleiten. Interview: Bascha Mika

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