Eine linke Geschichte hat Geburtstag

■ Das Grips-Theater wurde gestern 25 Jahre alt / Mit dem Jugend-Musical „Linie 1“ wurde das Ensemble weltberühmt

In studentenbewegten Zeiten, 1969, wandte sich Volker Ludwig den zukünftigen Studenten zu: Er schrieb, gemeinsam mit seinem Bruder, das antiautoritäre Kinderstück „Stockerlok und Millipilli“.

Ludwig hatte damals vor, so etwa zwei Jahre lang Kindertheater zu machen. Bis jetzt ist ein Vierteljahrhundert daraus geworden. Sein Grips-Theater hat mittlerweile 44 Produktionen herausgebracht, es gibt mindestens 1.200 Folge-Inszenierungen in 36 Sprachen. Zu Weltruhm brachte es die 400 Zuschauer fassende Bühne am Hansaplatz dann endgültig 1986, mit dem Jugend-Musical „Linie 1“. Ein Nachfolge-Stück ist schon geplant, das das Lebensgefühl der Berliner Jugend nach dem Fall der Mauern spiegeln soll.

Hauptsächlich dem Grips- Theater ist es zu verdanken, daß sich das Kinder- und Jugendtheater von launigen Weihnachtsmärchen emanzipierte und im Laufe der Jahre zu einem eigenständigen, inhaltlich anspruchsvollen Genre wurde, das sein junges Publikum (im Grips-Jargon: „Menschen ab 5“) ernst nimmt. Mitte der siebziger Jahre, als die Schaubühne (damals noch am Halleschen Ufer) ihre dezidiert linkspolitischen Aktivitäten schon in einen neuen Ästhetizismus überführt hatte, geriet zur Abwechslung das Grips- Theater in die Schußlinie des Senats. Wegen „kommunistischer Indoktrination“ sollten den Gripslern die Subventionen gestrichen werden. Das geschah dann aber doch nicht.

Heute ist der politisch-erzieherische Anspruch noch immer vorhanden und die Finanzierung weitgehend gesichert. 3,5 Millionen erhält das Haus an öffentlichen Mitteln. Die rund neunzigprozentige Auslastung finanziert den Rest des 4,8-Millionen-Etats. In der nächsten Spielzeit weicht das Grips für einige Monate ins derzeit leerstehende Schloßparktheater aus, während am Hansaplatz umgebaut wird. Vorher aber wird gefeiert: Das Jubiläums-Festival mit „Best of Grips“ und anderem findet von 28. Juni bis 3. Juli statt. peko