In Hebron hat sich nichts geändert

Blutige Zusammenstöße zwischen jüdischen Siedlern, israelischen Soldaten und palästinensischen Demonstranten / Hamas bekennt sich zur Tötung zweier Israelis bei Hebron  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Zwei jüdische Siedler aus Kiryat Arba, eine Frau aus Maale Levona und ein Mann, wurden gestern bei Beit Hagai in der Umgebung von Hebron durch Schüsse aus einem vorüberfahrenden Auto ermordet. Die ungefähr 20jährige Tochter der Ermordeten, die zusammen mit ihrer Mutter und dem Siedler in einem Pkw auf dem Weg nach Jerusalem war, wurde bei dem Angriff schwer verletzt. Ein Hubschrauber der Armee lieferte die Bewußtlose ins Hadassa-Krankenhaus in Jerusalem ein. Der militärische Flügel der Hamas übernahm nach israelischen Rundfunkberichten die Verantwortung. Der israelische Stabschef General Ehud Barak erklärte, daß weitere Anschläge auf Siedler in den besetzten Gebieten erwartet werden müßten, und forderte alle jüdischen Zivilisten erneut dazu auf, ihre Waffen stets schußbereit bei sich zu tragen.

Dem gestrigen Mord war am Montag ein mehrstündiger Zusammenstoß zwischen bewaffneten religiösen Jugendlichen aus der jüdischen Siedlung Kiryat Arba und palästinensischen Bewohnern der Stadt Hebron vorangegangen, bei dem nach verschiedenen Berichten zehn bis achtzehn Palästinenser verletzt wurden. Nach dem selbst von israelischen Regierungsmitgliedern als Provokation bezeichneten Angriff der Yeshiva- Schüler auf Palästinenser in nächster Nähe der Hebroner Scheich- Ali-Bakr-Moschee, von der aus gerade zum Gebet aufgerufen wurde, nahm die Polizei zwei der jüdischen Schützen fest. Militär und Grenzschutz-Polizei waren schließlich ebenfalls an den Zusammenstößen beteiligt, und drei Mitglieder der Grenzschutzeinheiten wurden durch palästinensische Steinwürfe verletzt.

Den Verlauf der ungleichen Straßenschlacht, die im Zuge der Provokation durch junge bewaffnete Siedler im Zentrum Hebrons zwischen steinewerfenden Palästinensern und scharf schießendem israelischen Grenzschutz ausgetragen wurde, haben palästinensische Zeugen gefilmt. Der Sprecher der internationalen Beobachtergruppe (TIPH – Temporary International Presence in Hebron), Bjorne Sorensen, gab nachher bekannt, daß keines der Mitglieder der TIPH Zeuge des Zusammenstoßes war. Im Sinne des Mandats der Beobachtergruppe habe ein anwesendes Beobachterteam den Ort verlassen, nachdem die Umgebung von den israelischen Behörden zur geschlossenen Militärzone erklärt worden war. Pressemeldungen zufolge erklärte der TIPH- Sprecher, es sei derzeit nicht möglich, festzustellen, wer für den Zusammenstoß verantwortlich war.

Das schwerstverletzte der palästinensischen Opfer ist nach Aussage des Hebroner Bürgermeisters, Mustafa Natsche, der elfjährige Ibrahim Zayed. Der Bürgermeister führte Klage, daß die Armee eine halbe Stunde lang mit ihrem Eingreifen zögerte und dann nur gegen Palästinenser eingesetzt wurde. Gestern eröffneten israelische Soldaten auch in der Stadt Nablus das Feuer auf palästinensische Demonstranten.