Gewerkschaftsschelte

■ Kritik an der DGB-Kandidatenkür

Stuttgart (AFP) – Vier Wochen vor der Wahl des neuen DGB- Chefs in Berlin wird im Gewerkschaftslager zunehmend Kritik an Kandidatenkür und Wahlverfahren laut. Der IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche sprach sich gestern dafür aus, den Delegierten des DGB-Wahlkongresses künftig durch die Kandidatur mehrerer Bewerber eine echte Wahlmöglichkeit zu eröffnen. Er fände es „schön“, wenn bereits bei der für den 14. Juni geplanten Wahl neben dem IG-Metall-Kandidaten Dieter Schulte weitere Bewerber anträten, sagte Hensche. Das jetzige Verfahren „tue nicht gut“.

Der IG-Bau-Vorsitzende Bruno Köbele nannte es „ein Unding“, daß ein Kandidat der IG Metall bereits ein Drittel aller Stimmen auf sich vereine. „Da braucht praktisch kein anderer mehr anzutreten, wenn nur drei von 16 Gewerschaften des DGB zusammenstehen“. Alleine die IG Metall und die ÖTV stellen fast die Hälfte der insgesamt 600 Delegierten.

Zugleich begrüßte Köbele jedoch die am Montag angekündigte Kandidatur Schultes. Der 54jährige habe im Bereich der Montanmitbestimmung gezeigt, daß er „reformfreudig“ sei. Auch der zeitweise als Kandidat gehandelte Chef der Textil-Gewerkschaft, Willi Arens, sprach von einem „positiven Vorschlag“.

Er bestätigte, daß es bei dem Treffen der 16 Gewerkschaftsvorsitzenden am Montag in Recklinghausen keinen Gegenvorschlag zur Kandidatur Schultes gegeben habe. Unterdessen wertete IG- Metall-Chef Klaus Zwickel den Personalvorschlag seiner Gewerkschaft als Signal für einen starken DGB. Der Gewerkschaftsbund müsse wieder zu einer „effizienten und allseits respektierten Arbeitnehmervertretung“ werden. Dazu benötige der DGB an der Spitze einen „nach innen und außen durchsetzungsfähigen Mann“, für den es sicherlich gut sei, Rückhalt in einer starken Organisation wie der IG Metall zu haben, sagte er. Denn: „Ein starker Baum kann nur aus starken Wurzeln wachsen.“ Die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften wollen am kommenden Sonntag in Berlin erneut über die Nachfolge von Heinz-Werner Meyer beraten.