Wort für Wort: Mord vor Ort

■ „Mörderisches Hamburg“: Krimi-Taschenbuch mit 14 Kurz-Geschichten aus der Lebens-gefährlichen Hansestadt

Krimi ist in und – je knapper, desto besser. Am allerbesten lassen sich die kurzen Storys über den Tod als Taschenbuch verkaufen, so scheint jedenfalls die Marketingstrategie vieler Verlage für den Urlaubs-Sommer auszusehen. Und wenn man auf Mallorca am Strand liegt, liest man gerne etwas aus der Heimatstadt.

Mörderisches Hamburg lautet der Titel, unter dem vierzehn Hamburger Profi-SchreiberInnen (von dem Drehbuchautoren Leo P. Ard über die Verlagsleiterin Regula Venske bis zu dem Kindertheaterautor Michael Koglin) ihre kriminalistischen Vorstellungen veröffentlichen. Sicherlich können sich nicht alle Geschichten der Sammlung mit den Klassikern der Kriminalgeschichte messen, doch zeigt das Taschenbuch zumindest vierzehn verschiedene Blickwinkel auf das mörderische Verbrechen.

Die Tatorte sind quer über Hamburg verstreut und ebenso vielfältig sind die Motive und die Instrumente, die unweigerlich zum Ableben führen. Allergien nennt beispielsweise Gunter Gerlach seine Geschichte und erzählt von einem lebensuntüchtigen Detektiven, der sich trotz aller körperlicher Gebrechen auf die Suche nach einem Hundekiller begibt. Die japanische Schriftstellerin Yoko Tawada malt hingegen ein Bild ihrer surrealen Eindrücke eines Mordes unter dem Titel Tod einer Plastiktüte.

Mit der Wohnsituation in Hamburg, die als Nährboden illegaler Machenschaften ideal scheint, befassen sich gleich zwei Autoren: Zum einen beleuchtet Lou Probstayns utopische Darstellung Drei Ziegen, sieben Schafe und eine Tochter den Wohnungsmarkt der Zukunft. Zum anderen beschreibt Jörg von Polling die Geschichte eines Maklers unter dem Titel Der Drecksack, in der man erfährt, zu welchen Animositäten die Beziehung zwischen Mieter und Vermieter führen kann.

Lediglich Petra Oelker hat sich an die kriminalistische Darstellung im historischen Kontext gewagt. Sie geht in Das leise Lied vom Aufruhr in das Jahr 1576 zurück und beschreibt den damals üblichen Kampf ums tägliche Überleben zwischen Standesunterschieden, Armut und Verbrechen, ohne den Aspekt Mord aus den Augen zu verlieren.

Einigen Kurzgeschichten ist anzumerken, daß sich die Autorin oder der Autor eigentlich in anderen schriftstellerischen Metiers bewegen, denn oft zu verworren und verschlungen sind deren Gedankengänge und somit auch deren sprachliche Umsetzung. Die lesbaren Stories sind aber glücklicherweise in der Überzahl. In der Minderzahl hingegen sind bedauerlicherweise die Schriftstellerinnen. In Anbetracht der großen Damen des Kriminalromans wie Agatha Christie oder Ruth Rendell eine zumindest fragwürdige Entscheidung.

Christoph Arndt

Mörderisches Hamburg, Michael Koglin (Hrsg.), Verlag Georg Simader, 188 S., 19.80 Mark