piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Cornell Rochester And The N.P. Boys im Quasimodo / Nachschlag i Die Soldaten gehen - Das British Council bleibt bestehen

Morgen beginnt das 23. New Jazz Festival Moers, dem das Kunststück gelungen ist, publikumsattraktiv zu bleiben, obwohl die Neu-Entdeckungen im Laufe der Jahre immer rarer wurden. Nur noch in kleinen Lettern steht „new jazz“ schräg auf dem Festivallogo – schon graphisch wird hier deutlich, daß der programmatische Strohhalm, an dem man gemeinsam nuckelt, eher die Novitäten als die Innovationen sind. Dennoch wäre Moers nicht Moers, würde nicht alljährlich doch der eine oder andere Act zum Clou gehypt, auf CD komprimiert und für daheimgebliebene Anti-Pfingst-Moerser verfügbar. Solch ein Clou etwa ist das Rap-Fusionsprojekt N.P.Boys des Schlagzeugers Cornell Rochester, das heute abend seiner Debüt-CD „I said your Mother's on the pipe“ (Moers Music) in Berlin und am 2. Juni bei den Leipziger Jazztagen gastiert.

Foto: Veranstalter

Nach einem Tour- und Plattenjahrzehnt mit Modern- und Avant-Jazzern wie Odean Pope, David Murray, George Adams und Julius Hemphill, mit No-Waver James Blood Ulmer und Fusionisten wie Joe Zawinul oder Jamaaladeen Tacuma, der übrigens auch die N.P.Boys produziert, knüpft Cornell Rochester mit dem aktuellen Projekt an seine langjährige Zusammenarbeit mit der Street-Jazz- und Rap-Community in seiner Heimatstadt an. N.P. steht als Kürzel für North Philadelphia – aus welcher Neighborhood man eben so kommt: Aus der Bronx von Philly könnte man sagen, wollte man den sozialen Hintergrund des N.P. Distrikts mit einem Wort skizzieren. Über weitere Themen der Neighborhood rappen Rochesters N.P. Kumpel, HipHopper Andre „Black Snow“ Harris, der auf der aktuellen Tournee allerdings von Bernard Collins vertreten wird, der Bassist Terry „Butter“ Tyler und Cornell selbst. Saxophonist der N.P.Boys ist Willie Williams, dessen hörenswerte Trio-CD „WW3“ (Enja) jüngst erschien, und als Pianist arbeitet Uri Caine, seine Debüt-CD mit Don Byron, „Sphere Music“ (JMT), wurde im vergangenen Jahr veröffentlicht. Sein eigenes Quartett mit dem M-Base-Trompeter Graham Haynes wird Caine dann am 17. Juni im Rahmen der Konzertreihe JazzAcrossTheBorder vorstellen. Christian Broecking

Heute, 22 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg.

NachschlagDie Soldaten gehen – Das British Council bleibt bestehen

In einer Zeit, in der Sparpläne in der Kultur zum guten Ton gehören, ist es schon überraschend, daß Simon Cole, der Präsident des British Councils in Berlin, ungeniert von der Ausdehnung seines Instituts schwärmt. Er hatte am Dienstag extra zu einer Pressekonferenz geladen, damit niemand auf die Idee kommt, mit den Soldaten verschwände auch die britische Kultur aus Berlin.

The British Council, eine Art britisches Goethe-Institut, begann seine Arbeit in Berlin 1948, damals noch im Mendelsohn- Bau am Lehniner Platz. Heute residiert das Kulturinstitut in einer frisch renovierten Etage in der Hardenbergstraße 20, direkt am Bahnhof Zoo. Hier findet sich eine Bibliothek englischer Literatur und Sachbücher, eine Videothek und ein Zeitungsarchiv, das neuerdings sogar auf CD ROM verfügbar ist. Meist kommen Studenten, Lehrer oder Schüler, offen steht es aber jedem Berliner. Auch Sprachunterricht findet hier statt. „Der Bedarf wird sicher weiter steigen, und wir werden noch mehr Räume brauchen“, hofft Cole.

Im Vordergrund steht jedoch nicht die Information, sondern die Förderung britischer Kulturprogramme in Berlin. Unterstützt werden Gastspiele britischer Künstler und Schauspielgruppen, Ausstellungsprojekte und Austauschprogramme. Im Jahre des Soldatenabzugs gibt es gleich drei umfangreiche Veranstaltungsreihen: Unter dem Motto „Multicultural Britain“ werden vor allem solche Künstler eingeladen, deren Kunst durch Traditionen aus außereuropäischen Ländern geprägt ist. Eröffnet wird die Veranstaltung am 26. Mai in der literaturWERKstatt mit einer Lesung von Marina Warner und Janice Shinebourne zum Thema „Peopling the Plantation oder Wem gehört die Welt“. Das Projekt wird sich über das ganze Jahr erstrecken und neben Literatur auch Musik, Film und Ausstellungen beinhalten.

Im Herbst werden dann auf der „Performance à la Britain“ im Rahmen der beiden Berliner Festivals „Tanz im August“ und „Tanzwinter“ mit Yolande Snaith, Michael Clark und anderen „die interessantesten britischen Performance-Künstler“ zu sehen sein. Unter dem aparten Namen BELLO (BErLin-LOndon) werden schließlich, als dritte Reihe, die Veranstaltungen zum Abzug der britischen Truppen zusammengefaßt. Bildende Künstler aus Berlin und London, die sich in der Royal College of Art kennenlernten, gestalten gemeinsam eine Ausstellung im Bahnhof Westend. „Großer Bahnhof für die Kunst“ heißt das Projekt – die Soldaten gehen, die Kunst kommt an. Volker Weidermann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen