Stechuhr als Vertrauensmaßnahme

■ Schöneberger Bezirksbürgermeister will die Anwesenheitszeit im öffentlichen Dienst mehr kontrollieren / Mitarbeiter und Personalrat spielen nicht mit / Protestveranstaltung in der Mittagspause

Das Prospekt mit dem Angebot für Stechuhren liegt beim Schöneberger Bezirksbürgermeister Uwe Saager (SPD) schon auf dem Schreibtisch. Aber ob er einen Bestellschein für das Bezirksamt ausfüllen wird, ist mehr als fraglich. Denn: aus den Reihen seiner Mitarbeiter formiert sich heftiger Widerstand. Saager will mit der Einführung der Stechuhren das schlechte Image des öffentlichen Dienstes aufpolieren, dort werde nicht ausreichend gearbeitet. Ähnliche Überlegungen stellen auch die SPD-Bezirksbürgermeister von Kreuzberg und Köpenick an. Allerdings ist die Einführung dieses „unbestechlichen“ Anwesenheits-Kontrollinstruments an die Zustimmung der Personalräte gebunden. Und die wird – zumindest in Schöneberg – kaum erfolgen.

Rund 60 Mitarbeiter des Schöneberger Bezirksamtes opferten gestern sogar ihre Mittagspause, um Saager gründlich den Marsch zu blasen. Im dunklen Saal des Rathauses Schöneberg formierten sie sich im Halbrund um den großen Konferenztisch, auf der anderen Seite stand mutterseelenallein Saager und suchte seinen Stechuhrenplan wacker zu verteidigen. Was ihm einfalle, ständig Interviews zu dem unausgereiften Vorhaben zu geben, statt mit ihnen, den Betroffenen, das Gespräch zu suchen, warfen ihm seine Leute vor. Anstelle seine Energie für die Einführung von Stechuhren zu verschwenden, solle er lieber die Belegschaft des Amtes motivieren und sich bei der SPD dafür einsetzen, daß die Strukturen des öffentlichen Dienstes im Zuge der Verwaltungsreform grundlegend modernisiert würden. Mit der Flut von Verordnungen und Vorschriften müsse endlich Schluß sein, um eine schnelle und bürgerfreundliche Abwicklung der Geschäfte zu ermöglichen, so die Forderung. Die Beförderungsmechanismen müßten hinterfragt und den Amtsleitern die Kompetenzen beschnitten werden. Faule schwarze Schafe gäbe es in jeder Branche, „aber das rechtfertigt nicht, dem ganzen öffentlichen Dienst mit Stechuhren das Mißtrauen auszusprechen“.

Die Stechuhr, verteidigte sich Saager, sei für ihn bei der Modernisierung der Verwaltung nur eine „Marginalie“. In einer Zeit, in der der öffentliche Dienst aufgrund des Vorwurfs, nicht leistungsfähig zu sein, „verdammt mit dem Rücken zur Wand steht“, müsse das Kontrollgerät für die Verbesserung des Images nun mal her. In den Köpfen der Bevölkerung habe sich nun einmal „der von einigen schwarzen Schafen verursachte falsche Eindruck“ festgesetzt, bei den Behörden sei nach 15.30 Uhr keiner mehr erreichbar. „Deswegen brauchen wir die Stechuhr als vertrauensbildende Maßnahme.“ Plutonia Plarre