■ Die Uniklink von New Delhi kämpft gegen eine Invasion
: Affentheater im Spital

New Delhi (taz) – Das „All India Institute of Medical Science“ ist Indiens größte Universitätsklinik und das staatliche Prestigeobjekt der Hauptstadt. Dies hat vor Jahren wohl auch einen Verband von Rhesusaffen bewogen, dort seinen Wohnsitz zu nehmen. Sie hausen auf den Dächern und in den Bäumen des großen Areals und lassen sich von den Besuchern Bananen und „Chapatis“ (indische Fladenbrote) zuwerfen. Denn selbst für die erste Krankenhausadresse der Stadt gilt, daß die Familien sich ums leibliche Wohl ihrer kranken Angehörigen kümmern – sie bringen ihnen die Nahrung, die Bettwäsche, und wer nicht auf den lethargischen Dienst der Spitalbeamten angewiesen sein will, bringt am besten auch die eigene Krankenschwester mit.

Wenn die Besucher in den offenen Korridoren das Mittagessen auspacken, sind die Affen prompt zur Stelle, um die abergläubischen Inder an ihre religiöse Pflicht zu erinnern. Denn schließlich ist ihr Ahnvater Hanuman einer der beliebtesten Götter im indischen Pantheon.

Daß die Affen selber auch ein Gesundheitsproblem darstellen, konnte allerdings selbst den frömmsten Hindus nicht verborgen bleiben. Sie schlüpften in die Patientenzimmer, in den Operationssaal und gingen in der Intensivstation spazieren – Affen als Seismographen der magelnden Hygiene indischer Spitäler, in denen mehr Patienten am paramedizinischen Umfeld sterben als an den Folgen ihrer Krankheit. Die Kaltschnäuzigkeit der rasch wachsenden Sippen bewog die Spitalverwaltung vor einigen Monaten, sich der Horde zu entledigen. Doch dies war nicht einfach, denn die Affen haben seit Generationen von den Menschen gelernt – im besonderen ihnen zu mißtrauen. Auf plumpe Tricks wie Gehege mit Bananen als Lockmittel reagierten die Tiere nur mit Verachtung. Auch Pfeilinjektionen wurden bald aufgegeben, als sich zeigte, daß die Tiere sich die Spritzen rasch aus dem Fell zogen und damit die volle Narkosewirkung verhinderten – schließlich hatten sie schon oft den Krankenschwestern beim Spritzen zugeschaut. Es war aber ausgerechnet ihre Intelligenz – in Form von Neugier –, die den Affen schließlich zum Verhängnis wurde. Die Zoologin Iqbal Malik konstruierte auf dem Dach einen Verschlag, der einem Spitalzimmer zum Verwechseln ähnlich sah. Die Männchen des Reviers konnten der Versuchung einer Inspektion nicht widerstehen und gingen reihenweise in die Falle; ihre Angehörigen folgten freiwillig. Nun haben sie am Rand der Stadt, in den Ruinen von Tughlaqabad, eine neue Existenz begonnen. Während der ersten Monate, versicherte Dr. Malik, werde sie den Affen ihre normale „Spitalnahrung“ geben. Dann, so hofft die Zoologin, würden sich die Touristen der Nachkommen Hanumans annehmen. Frau Malik wird sich inzwischen ihrer nächsten Aufgabe zuwenden: den Affenfamilien im indischen Finanzministerium. Bernard Imhasly