Bis zu drei Jahren Haft für „Auschwitz-Lüge“

■ Parteienkonsens über Gesetzentwurf

Bonn (taz) – Der Bundestag wird morgen die Strafbarkeit der sogenannten „einfachen Auschwitz-Lüge“ beschließen. Der Gesetzentwurf sieht für das Leugnen der systematischen Judenermordung im 3. Reich einen eigenständigen Straftatbestand vor und belegt ihn mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren. Die bisher erforderliche Prüfung neonazistischer Gesinnung und der „Verletzung der Menschenwürde“ entfällt. Letztere lag nach der bisherigen Rechtsprechung nur dann vor, wenn gleichzeitig die Juden selbst als Urheber des „Gaskammer- Mythos“ bezeichnet wurden.

Die Koalition hatte sich bei einem Spitzengespräch am letzten Freitag darauf geeinigt, einen Änderungsantrag zu den morgen anstehenden Verbrechensbekämpfungsgesetzen einzubringen. Bereits vor der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses signalisierte auch Herta Däubler-Gmelin (SPD) für ihre Fraktion Zustimmung. Schließlich unterscheide sich der Entwurf der Justizministerin nur wenig von dem bereits 1985 von der SPD eingebrachten, damals aber gescheiterten Vorstoß zur Strafrechtsänderung.

„In der Sache große Einmütigkeit“ sah auch Wolfgang Ullmann (Bündnis 90/Die Grünen), der seinen vor zwei Wochen eingebrachten Alternativentwurf im Rechstausschuß zur Abstimmung stellte, aber unterlag.

Auslöser für die überraschend schnelle Gesetzesinitiative war nicht zuletzt ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) Mitte März, demzufolge die bloße Leugnung des Holocaust nicht schon den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle. Eine Verurteilung des NPD-Vorsitzenden Günther Deckert durch das Landgericht Mannheim wurde daher aufgehoben. Nach bisheriger Rechtsgrundlage sei erst zu prüfen, so das BGH-Urteil, ob Deckert die Menschenwürde der vom Holocaust betroffenen Juden verletzt habe und sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. Hermann Keßler