Regieren ohne konkretes Programm

■ Berlusconi sucht Vertrauen des Senats

Rom (taz) – Mit einer ansehnlichen Ansammlung von Leerformeln, aber nur angedeutetem Schlagabtausch verläuft die Regierungserklärung der Rechtskoalition unter dem Mailänder Medienunternehmer Silvio Berlusconi. Sie hatte am Dienstag im italienischen Senat begonnen. Da der Koalition dort acht Stimmen fehlen, hatte man Manöver Berlusconis zur Gewinnung einiger Oppositionsabgeordneter erwartet – die erwarteten Übertritte blieben jedoch zumindest bis Redaktionsschluß aus; die Abstimmung war erst für den späten Abend vorgesehen.

Nur drei Beiträge ragten aus den 61 Wortmeldungen hervor: Die Neokommunisten (Rifondazione comunista) beantragten, die Minister der „Nationalen Allianz“ mit neofaschistischer Vergangenheit aus verfassungsrechtlichen Gründen zu entlassen. Der Chefideologe der norditalienischen „Ligen“, der 70jährige Verfassungsrechtler Gianfranco Miglio, erklärte seinen Austritt aus dem Nordstaatlerbund wegen der autoritären Führung durch Umberto Bossi, der die Ideale des Föderalismus zugunsten einer Beteiligung an der Macht in Rom verkauft habe. Der frühere Regierungschef und langjährige Senatspräsident Giovanni Spadolini warnte vor der für Berlusconi üblichen Simplifizierung: „Mit solchen Formeln wird niemand der multiethnischen, multikulturellen, multiökonomischen Realität unserer Zeit und den immer größeren Verwaltungseinheiten gerecht.“ Spadolini (Republikanische Partei) will nicht für Berlusconi stimmen.

Dennoch war Berlusconi von Anfang an sicher, die Vertrauensabstimmung zu gewinnen, auch wenn er keinen einzigen konkreten Programmpunkt bezeichnet, das Einbringen keines einzigen Gesetzes angekündigt hat: Einige der auf Lebenszeit ernannten Senatoren (darunter Fiat-Chef Agnelli und Spadolini) wollen während der Abstimmung den Saal verlassen, um ihm zumindest den Regierungsbeginn zu ermöglichen. Werner Raith