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Algen sind schwer im Kommen

■ Naturkosmetik ohne Tierversuche / Kein Rinderwahn

„Früher hat man Rindercollagén unter die Haut gespritzt, das macht heute keiner mehr“, sagt eine Bremer Kosmetikerin. Durch die neuesten Enthüllungen über Rinderwahnsinn und der Bekanntmachung von weiteren Fällen der bei Menschen ausgebrochenen Jacob-Creutzfeld-Krankheit greifen immer mehr Menschen zu Naturkosmetik-Produkten. Vielen ist eklig zumute, wenn sie daran denken, sich Fette aus dem inneren von Tieren oder Cremes mit Knochenmehl auf die Haut zu schmieren.

„Doch der Talg an sich, dringt nur in die Hornschicht ein“, erläutert Kathrin Schruff von der Inkofa-Kosmetik-Schule in Münster. Außerdem stünde Kosmetika unter dem Lebensmittelschutzgesetz, das heißt, „sie müssen das auch Essen können, was in den Cremes drin ist.“ Mitessen würde man dann allerdings ebenfalls die Konservierungsstoffe.

Die gängige Kosmetik-Industrie mag nicht darauf verzichten. „Bestimmte Konservierungsstoffe müssen eben sein“, findet auch die Pressesprecherin der Bremer Berufsfachschule für KosmetikerInnen. Bei manchen NutzerInnen der Cremes sind es aber gerade die Konservierungsstoffe, die für Hautreizungen sorgen.

Es gibt schon gar keine „normale Haut“ mehr, das ist die tägliche Erfahrung von Dorothee Held, Kosmetikerin in Bremen. Die Umwelteinflüsse (Abgase, Klimaanlagen) und unsere schlechte Ernährung haben unserer Haut schon derart zugesetzt, daß sie sich kaum noch von selbst schützen kann. Aber auch in der Naturkosmetik können Pestizide der Grund für rote Flecken sein. Daher kommen viele Rohstoffe für die natürliche Kosmetik aus biologischem Anbau.

Manchmal nutzt selbst der biologische Anbau und auch das Weglassen von Konservierungsstoffen nichts: Dann ist die Cremebenutzerin gegen eines der Kräuter allergisch. „Gegen Kamille sind viele Allergisch“, sagt Sabine Reermann vom Kosmetikbasar. Doch wer es weiß, kann es weglassen. Denn hier kann die Kundin sich frei nach dem Hobbythek-Pütz ihre Pasten und Wässerchen selbst zusammenstellen, und zu Hause mixen. „Wer zu uns kommt greift nicht mehr walhllos ins Regal.“ Der Wunsch nach Naturkosmetik habe zugenommen. Die wichtigsten Kriterien sind: Öle und Fette sollen möglichst pflanzlich sein, keine Inhaltsstoffe vom toten Tier, und die Produkte sollen ohne Tierversuche hergestellt werden.

Die Cremes, Lotions und Schampoos selbst zu machen, sei „wie Kochen“. Streng nach Rezepten wird Gramm für Gramm abgewogen. Für viele ist dies der letzte verzweifelte Schritt: „Die haben schon alles ausprobiert.“ Dieselbe Verzweiflung treibt auch Kundinnen in die Arme der Bremer Kosmetikerin Astrid Schliep, die mit Meerwasserkosmetik behandelt. Wer die herkömmliche Kosmetik ablehnt, und auf Naturstoffe allergisch reagiert, der greift auf Meeresalgen und Meeresmineralien zurück.

Ursrpünglich versuchte man damit Neurodermitis und Gürtelrose zu heilen. „Meerwasser ist dem Blut vom physikalischen her sehr ähnlich“, meint Schliep. Außerdem findet sie es „schrecklich“ noch Produkte zu verwenden die Tierfette enthalten.

Für manche NutzerInnen der Natur-Kosmetik ist es am wichtigsten, daß keine Tierversuche den Produkten vorausgehen. An der Eingangstür vom Fachgeschäft Provida klebt daher ein großes Schild: ohne Tierversuche. Gerade bei der „Deko-Kosmetik“ - Lippenstifte, Lidschatten und dergleichen - werden in der Regel die abscheulichsten Tierversuche gemacht.

Vivianne Agena

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