: „Peanuts“ für die leeren Bezirkskassen
■ „Geniale“ Sparvorschläge von Kreuzbergern und Marzahnern verzweifelt gesucht
Eigentlich müßten die Briefkästen der Kreuzberger und Marzahner Bezirksbürgermeister überquellen. Ende April hatte der Kreuzberger Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD) alle KreuzbergerInnen und MitarbeiterInnen des Bezirksamtes dazu aufgerufen, beim Ideenwettbewerb „Sparen und Gestalten“ mitzumachen. Strieder wollte wissen, wie Verwaltungsabläufe vereinfacht, welche Tätigkeiten gänzlich wegfallen könnten und wo mehr getan werden müßte.
Da Kreuzberg an allen Ecken und Enden sparen müsse, so Strieder, „beschäftigen wir uns auch mit Peanuts“. Der Aufruf bedeute aber nicht etwa, daß der Bezirk mit seinem Spar-Latein am Ende sei. Es gehe vielmehr um die Diskussion mit den Menschen, „mit deren Geld wir ja umgehen“, so Strieder. Sein Marzahner Kollege Andreas Röhl (SPD), in dessen Kasse es genauso wenig klingelt wie im Westteil der Stadt, schloß sich der Aktion „Leerer Beutel“ an.
Bisher hält sich die Resonanz auf die einmalige Möglichkeit, sich endlich einmal den Frust über die Verwaltung von der Seele zu schreiben und eigene Sparideen zu entwickeln, in Grenzen. Strieder hat bisher ganze neun Vorschläge erhalten, von denen einige, wie der, „Wirtschaftsflüchtlinge endlich rauszuschmeißen“, sofort im Papierkorb landeten.
Ein Mitarbeiter des Bezirksamtes aber habe eine Reihe von Ideen vorgelegt, die „durchaus attraktiv“ seien und derzeit geprüft würden. Es gehe dabei um die Einsparung von öffentlichen Mitteln bei bezirklichen Baumaßnahmen. Wenn das, was der Insider vorschlägt, einigermaßen zutrifft, so Strieder, hätte sich die Aktion „Leerer Beutel“ schon gelohnt. Der Bezirk selber versucht, mit „Peanuts“ seine leeren Kassen zu füllen. Durch Minimierung der Druckkosten und das Akquirieren von Anzeigen in den Volkshochschulheften sowie das Vermieten einer Schulaula für private Veranstaltungen erhofft sich Strieder ein paar Mark.
Auch der Schreibtisch des Marzahner Bezirksbürgermeisters biegt sich nicht gerade unter der Last der Zuschriften. Andreas Röhl (SPD) ist weit davon entfernt, die etwa zehn Zuschriften als Beweis dafür zu sehen, daß in Marzahn schon genug gespart wird. „Ich bin richtig traurig“, beschreibt er das geringe Echo. Der Vorschlag eines Marzahners, auf die hohen Kosten für die Plattenbausanierung zu verzichten, da eine Fassadenisolierung im Sommer überflüssig sei, ist ebenso wie der Versuch von Unternehmen, ihre Produkte zu offerieren, Futter für den Reißwolf.
Doch Röhl und Strieder haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß aus ihren Bezirken „geniale Sparvorschläge“ kommen könnten. Die Bezirksbürgermeister werden sich nach wie vor jeden ernstzunehmenden Vorschlag zu Gemüte führen. Barbara Bollwahn
Vorschläge bitte schriftlich unter dem Stichwort „Sparvorschläge“ an den Bezirksbürgermeister von Kreuzberg: Yorckstr. 4-11, 10965 bzw. Marzahn: Helene-Weigel- Platz 8, 12671 Berlin
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