Lufthansa: Völlig losgelöst ...

■ Bundeskabinett beschließt Privatisierung der Fluggesellschaft / Bundesanteil sinkt auf 38 Prozent und soll weiter reduziert werden / Breite Streuung der Stammaktien bei Kapitalerhöhung zugesichert

Bonn (AFP/AP/dpa/taz) – Matthias Wissmann geht forsch zur Sache. Der Bundesverkehrsminister, gerade ein Jahr im Amt, kann für sich wieder einen Erfolg verbuchen: Das Bundeskabinett segnete gestern die schrittweise Privatisierung der staatlichen Fluggesellschaft Lufthansa ab. Auf der Hauptversammlung am 6. Juli will sich der Carrier eine Kapitalerhöhung genehmigen lassen, mit der die finanzielle Basis des Unternehmens durch Stammaktien im Nennwert von 515 Millionen und Belegschaftsaktien in Höhe von 50 Millionen Mark aufgebessert werden soll. Der Bund wird bei der anstehenden Finanzspritze jedoch nicht mit von der Partie sein. Damit, so Wissmann gestern im Anschluß an die Kabinettsentscheidung, werde der Bundesanteil am Lufthansa-Grundkapital von derzeit mehr als 51 auf rund 38 Prozent gesenkt. Beim Verkauf der Lufthansa-Aktien werde die Regierung auf eine breite Streuung hinwirken, versicherte der Verkehrsminister. Ziel der Bundesregierung sei es, daß möglichst viele Bürger Aktien der Lufthansa im Depot halten. Eine breite Streuung des Aktienbesitzes, so glaubt Wissmann, sei auch die beste Sicherung gegen Monopol- beziehungsweise Oligopoleinflüsse Dritter auf die Geschäftspolitik des Privatunternehmens Deutsche Lufthansa. Der Verkehrsminister schloß nicht aus, daß Ende 1995 die vollständige Privatisierung des Unternehmens erreicht sein könnte. Die Bundesregierung wolle Bundestag und Bundesrat über die vorgesehene Privatisierung unterrichten und dabei deren Einwilligung zur Veräußerung weiterer Anteile des Bundes an der Lufthansa einholen, sagte Wissmann. Im Einvernehmen mit Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) soll der gesamte Bundesanteil schrittweise „marktgerecht“ veräußert werden.

Bereits Anfang Mai hatten Bundesregierung und Lufthansa die Versorgungsprobleme der Lufthansa-Mitarbeiter geklärt. Für die Gründung einer Firmen-Pensionskasse zahlt der Bund rund 1,5 Milliarden Mark. Die jährlichen Raten betragen laut Verkehrsministerium knapp 155 Millionen Mark in den ersten zehn Jahren und sinken dann. Der Bund übernimmt ferner Garantien in Höhe von anfangs 1,1 Milliarden Mark für den „unwahrscheinlichen Fall“ der Insolvenz der Lufthansa zur Abwicklung der Zusatzversorgung der Mitarbeiter bis zu 30 Jahren.

Nach der Einigung über die deutsch-amerikanischen Luftverkehrsbeziehungen und der genehmigten Kooperation zwischen Lufthansa und United Airlines könnten damit endgültig Sanierung und Privatisierung der Lufthansa erfolgreich fortgesetzt werden, so der Minister.