Nordjemen nimmt Südjemen militärisch in die Zange

■ Armee zieht Belagerungsring um Aden enger / Blockade der südjemenitischen Stadt geplant

Sana (AFP/AP) – Je lauter sich die Kontrahenten im jemenitischen Bürgerkrieg gegenseitig vorwerfen, die Einheit des Landes zu gefährden, desto wahrscheinlicher wird seine Spaltung. Nach eigenen Angaben haben die Truppen des Nordens den Ring um die südliche Metropole Aden weiter geschlossen. Es bedürfe nurmehr einer politischen Entscheidung, bevor man mit der Blockade der Stadt beginnen könne, erklärte ein Militärsprecher in Sana. Eine Einnahme des Stadtgebietes selbst sei nicht geplant. Man wolle den Einwohnern Straßenkämpfe ersparen. Durch die geplante Blockade sollten die „Verantwortlichen“ für den Krieg zum Verlassen des Landes gezwungen werden. Gemeint ist damit vor allem die Führung der südjemenitischen Sozialistischen Partei (JSP).

Nachdem er Anfang der Woche zur Bildung einer Gegenregierung aufgerufen hatte, hielt der Chef der JSP, Al-Beid, dem jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh gestern vor, er habe eine „Abspaltung“ des Nordens betrieben. In Aden halte man sich weiterhin bereit für „eine endgültige und allen Bürgern angemessene Formel“.

Saleh hingegen bezeichnete die JSP- Führung erneut als „sezessionistische Rebellen“. Für die Einheit des Landes wollte er einstehen. Der möglicherweise entscheidende Kampf um den Zugang nach Aden wird seit Tagen um den südjemenitischen Militärstützpunkt Al-Anad nördlich der Stadt geführt. Dabei kämpften beide Parteien mit äußerster Verbissenheit. Meldungen des Nordens, wonach der Stützpunkt bereits in seine Hände gefallen sei, werden vom Rundfunk in Aden nach wie vor bestritten. Offiziere der Nordtruppen hatten am Mittwoch berichtet, der eigentliche Militärstützpunkt sei zwar in ihrer Hand, doch werde der südlich davon gelegene Fliegerhorst noch von den Verbänden des Südjemen verteidigt. Der 56 Kilometer nordwestlich von Aden gelegene Stützpunkt beherrscht die wichtigste Nord-Süd-Straßenverbindung. Der zweite Stoß der nordjemenitischen Offensive richtete sich gestern gegen die östlich von Aden gelegene Region Abjan. Beobachter äußerten die Vermutung, daß die Nordtruppen von El Anad und Abjan aus eine Zangenbewegung auf die ehemalige südjemenitische Hauptstadt planten. Nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes haben die Nordtruppen über 1.000 südjemenitische Soldaten gefangen genommen. Zahlen über Kriegsopfer konnte das Rote Kreuz nicht nennen.