Eine ganz normale Abschiebung

■ Oder: Wie die Ausländerbehörde die Mutter zweier Kinder nach Polen entführt

Ohne Vorwarnung wurde am Donnerstag die 26jährige Teresa A. in der Ausländerbehörde verhaftet und nach Polen geflogen. In ihrer Harburger Wohnung zurück bleiben ihre 4 und 6 Jahre alten Töchter Katarina und Marta und ihre pflegebedürftige Großmutter Ella.

„Meine Enkelin wollte zur Behörde, um eine Verlängerung zu holen“, berichtet die aufgeregte alte Dame. Dort habe man sie gefragt, ob sie ausreisen wolle. Nein, wenn sie könnte, würde sie lieber hierbleiben, hatte die junge Frau wahrheitsgemäß geantwortet. Dennoch, so nahm sie an, sei ihr Fall nicht entschieden. Nachdem ihr Begehren auf Familienzusammenführung von der Ausländerbehörde abgelehnt worden war, sollte am 1. Juni der Petitionsausschuß der Bürgerschaft endgültig entscheiden.

Doch die Beamten der Ausländerbehörde legten die Polin in Handschellen und führten sie ab. „Wie eine Verbrecherin haben sie sie hierher geführt, damit sie ihr Gepäck abholt“, erbost sich die Harburger Großmutter. Teresa habe sich nicht mal die Tränen wegwischen können, weil die Hände auf dem Rücken festgebunden waren.

Vom Flughafen rief die Enkelin noch einmal aufgeregt an: Ihr Mann solle sich verstecken. Die Beamten hätten ihr gedroht, die Kinder wegzunehmen und den Ehemann für anderthalb Jahre ins Gefängnis zu stecken. In Panik wurden die Kinder über Nacht versteckt. Erst ein Gespräch mit dem Anwalt hat die Restfamilie beruhigt; seit gestern früh sind die beiden Mädchen wieder bei ihrer Urgroßoma. Der Ehemann will nun im Lauf der nächsten Tage mit den Töchtern freiwillig ausreisen. Der Anwalt verhandelt mit der Behörde, die die Pässe als Pfand hat.

„Paß bloß auf, daß sie die Kinder nicht auch mit dem Flugzeug schicken“, hat Teresa A. ihre Großmutter angefleht, als sie gestern früh aus Polen anrief. Sie sei schlecht behandelt und verhöhnt worden. Ihr Buch mit Heiligenbildern hätte eine Polizistin in den Papierkorb getan.

Teresa A. war 1990 zu ihrer in Deutschland lebenden Großmutter gezogen, um sie zu pflegen. Denn diese hatte sich als Fließbandarbeiterin in einer Schokoladenfabrik Rücken und Bandscheiben ruiniert: „Wenn es mir schlecht geht, kann ich mich nicht mal alleine anziehen“, sagt die alte Dame.

Doch nun sieht es so aus, als ob Ella T. ohne ihre Enkelin zurechtkommen muß. Die Nachfahren von „Vertriebenen“ aus Polen genießen nur Bleiberecht, wenn sie Arbeit und Wohnung nachweisen können. Im Fall von Teresas Mann scheiterte dies am Arbeitsamt, das eine Arbeitsgenehmigung verweigerte.

Das Vorgehen der Behörde sei „leider gängige Praxis“, sagt Anwalt Rudolf Klever. Er sei sich nicht einmal sicher, ob der Petitionsausschuß nicht doch schon längst entschieden habe. In letzter Zeit komme es oft vor, daß dieser zuerst die Behörde informiert.

Die Betroffenen bekommen dann die Entscheidung per Handschellen mitgeteilt.

Kaija Kutter