Monaco? Okay – wenn der Fürst mitspielt

■ Interview mit Roger Bianchini, Autor des Buches „Monaco: Ein Geschäft, das sich lohnt“

taz: Für wen lohnt Monaco?

Roger Bianchini: Zunächst einmal für die 3.500 Monegassen selbst. Sie sind gewiß die am meisten gehätschelten Bürger der Welt. Neben vielen sozialen Vorteilen brauchen sie auch keine Steuern zu zahlen. Es gibt keine Gewerbesteuer, Wohnungssteuer oder Grund- und Bodensteuer. Niemand zahlt Rundfunkgebühren. Die Fahrzeugsteuer ist völlig unerheblich. Erbschaften werden praktisch nicht besteuert, Kapitaleinkommen auch nicht.

Wie kann ein Staat denn ohne Steuereinnahmen funktionieren?

Frankreich und Monaco haben 1963 einen Vertrag geschlossen, wonach beide Länder die Mehrwertsteuereinnahmen nach einer komplizierten Rechnung untereinander aufteilen. Das macht etwa die Hälfte des monegassischen Haushaltes aus. Der Rest stammt vor allem aus Einnahmen an Vermögensbeteiligungen. Fürst Rainier verwaltet Monaco wie ein großes Unternehmen, mit Angestellten, Gewinnen, Investitionen. Zugleich hat Monaco nur geringe Ausgaben, weil es beispielsweise keine Armee finanziert. Das Fürstentum ist ein Steuerparadies für alle, nur nicht für Franzosen, die sich dort nach 1957 niedergelassen haben. General de Gaulle setzte in dem Vertrag von 1963 nämlich durch, daß zwischen Frankreich und Monaco ein Steuerabkommen geschlossen wurde. Kein anderer Staat der Welt hat mit Monaco ein Steuerabkommen. Deshalb können Steuerflüchtlinge auch nicht verfolgt werden. Monaco rückt keine Informationen heraus.

Was muß man tun, um in den Genuß dieser Vorteile zu kommen?

In Monaco wohnen, eine Aufenthaltsbescheinigung haben. Schwierig wird es nur, wenn Sie unerwünscht sind. Anderenfalls gibt es kein Problem. Da hängt alles vom Fürsten ab. Wenn Sie mit einem Monegassen befreundet sind, reicht dessen Adresse aus. Wenn man Sie nicht mag, dann wird man eine echte Adresse verlangen, und das ist eine teure Angelegenheit. So wird selektiert.

Gibt es für Firmen Schwierigkeiten, sich niederzulassen?

Nein. Offiziell gibt es zwar eine Gewinnsteuer, die sogar etwas höher liegt als die französische — bei zirka 33 Prozent. Mit diesem Argument wird von offizieller Seite auch stets abgestritten, daß Monaco ein Steuerparadies sei. Diese Steuer ist jedoch reine Theorie: Das monegassische Gesetz erlaubt nämlich Dividenden an die Verwalter. Eine Firma, die – sagen wir mal – eine Million Franc Gewinn macht, kann dem Verwalter eine Prämie von 900.000 Francs zahlen. Sofern er nicht Franzose ist, zahlt er darauf keine Einkommensteuer. Er gibt der Firma das Geld unterderhand bar zurück. Auf diese Weise umgeht das Unternehmen die Gewinnsteuer, zugleich wäscht sie ihr Geld, denn es taucht in ihren Konten nicht mehr auf. Die Monegassen können außer der Steuerfreiheit auch noch lukrative Geschäfte machen, indem sie als Strohmänner dienen.

Welchen Vorteil zieht Frankreich aus diesem System?

Einerseits können wichtige Leute persönlichen Nutzen daraus ziehen, auch einige politische Parteien. Und außerdem bleibt das gesamte Geld in der Franc-Zone. Die französische Nationalbank verwaltet diese Fonds. In Monaco gibt es enorm hohe kurzfristige Geldanlagen, denn von dem Geld wird natürlich verhältnismäßig wenig in dem kleinen Land selbst investiert. Frankreich kann dieses Geld arbeiten lassen. Interview: Bettina Kaps, Paris

Der Originaltitel des Buches lautet „Monaco: une affaire qui tourne“