■ Tour d'Europe: Oasen der Zuflucht
Steueroasen sind meist Kleinstaaten oder Inseln, die gezielt ausländisches Kapital anlocken. Ohne die Reichen aus fremden Ländern wäre wirtschaftlich auf den kleinen Flecken in Randlage ungefähr soviel los wie auf den ostfriesischen Inseln: nichts. Daß auch von den Reichen nur eine Minderheit die Oasen ansteuert, liegt darin begründet, daß sie trotz reizvoller Landschaft und kapitalfreundlicher Umgebung auch ihre Schattenseiten haben. Andorra zum Beispiel liegt zwischen Frankreich und Spanien tief in den Pyrenäen. Im Winter kommt man nur schwer hin und wieder weg – ein gravierender Nachteil, wenn nicht ausschließlich das Geld arbeiten soll. Die Wirtchaftswoche empfiehlt einen Geländewagen. Es lockt dort vor allem, daß Vermögenserträge steuerfrei bleiben, bis auf eine geringe Pauschgebühr bis 200 Mark.
In Liechtenstein und auf den britischen Kanalinseln Jersey und Guernsey ist es praktisch unmöglich, eine Zuzugserlaubnis zu bekommen: Willkommen ist das Geld, nicht aber der Steuerasylant. Die Briefkastenfirma oder ein Trust lohnen sich dort allemal: In Liechtenstein betragen die Ertragssteuern zwischen 0,1 und 15 Prozent, die Zinseinnahmen muß man aber erst in der Steuererklärung nennen – oder auch nicht. Das Bankgeheimnis ist in Liechtenstein dichter als in der Schweiz, die Verwaltungsgebühren niedriger. Aber auch Schweizer Banken werben noch immer gerne mit dem Slogan: „Bei uns gilt Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt.“
Auf Jersey und Guernsey zahlen Ausländer wie in der Schweiz und in Luxemburg keine Einkommens-, Schenkungs- oder Erbschaftssteuer. Das Bankgeheimnis ist auf den Briteninseln so dicht wie nirgends in Europa. Nur die Vermögensverwaltung ist noch teurer als in der Schweiz und Luxemburg, wo, je nach Anlage, sie manchmal mehr kostet als der Waigelsche Zinsabschlag. Der Fürst von Monaco achtet peinlich darauf, daß kein Plebs in sein Mini-Reich mit 25.000 Einwohnern zieht. Aufenthaltsgenehmigungen erhalten nur Leute, die Nachweisen können, daß sie monatlich einen fünfstelligen Betrag (in D-Mark) verbraten können. Außerdem erhebt Rainier Eintrittsgebühren für Zuzügler. Die Immobilienpreise sind gepfeffert. Ähnlich verfahren die Bahamas, wo Neuankömmlinge fürs Bleiberecht in den ersten zwei Jahren 150.000 US-Dollar investieren müssen. Die Cayman-Inseln vor den USA haben etwas niedrigere Zuzugshürden. Das Leben ist dort nur etwas teurer als anderswo. Allerdings gibt es ein Rechtshilfeabkommen mit den USA, weshalb das Bankgeheimnis nicht mehr absolut wasserdicht ist. Für Spieler ist Campione am Luganer See eine Oase. Das 3.000-Einwohner- Städtchen ist nur über die Schweiz erreichbar, gehört aber zu Italien. Italien verzichtet auf Steuereinnahmen aus Campione, weil es den millionenschweren Zuzüglern via Spielkasino sehr viel leichter sehr viel mehr Geld aus der Tasche ziehen kann.dri
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen